„Kopftuch provoziert wie Hakenkreuz“

Weil womöglich bald eine muslimische Kopftuchträgerin ins dänische Parlament nachrückt, laufen manche Konservative der Dänischen Volkspartei rhetorisch Amok. Weil die Regierung sich nicht eindeutig distanziert, fordert die Opposition Rücktritte

„In Großbritannien oder Schweden würde so etwas die Karriere beenden“

AUS STOCKHOLM REINHARD WOLFF

Um Asmaa Abdol-Hamid gibt es bereits heftigen Streit in Dänemark, obwohl sie noch gar nicht im Parlament sitzt. Die 25-Jährige Muslimin könnte demnächst als Abgeordnete für die linke „Einheitsliste“ ins dänische Folketing nachrücken. Aber allein die Aussicht, es dort mit einer Kopftuch tragenden jungen Abgeordneten zu tun zu haben, hat jetzt bei der rechtsstehenden Dänischen Volkspartei (DF) die Sicherungen durchbrennen lassen. Deren führendes Mitglied Søren Krarup hat sich mit einer Äußerung hervorgetan, auf die man erst einmal kommen muss: Eine muslimische Frau mit Kopftuch sei mit einem Nazi zu vergleichen, der im besetzten Dänemark ein Hakenkreuz am Rockaufschlag hatte. Der Vergleich hat dem Parlamentarier und Pfarrer Krarup, der schon wiederholt als Hassprediger aufgefallen ist, mittlerweile mehrere Strafanzeigen wegen Verstoßes gegen den Antirassismusparagrafen eingebracht. Zum Politikum aber wurde die Geschichte, als sich auch die DF-Parteivorsitzende Pia Kjærsgaard hinter Krarups Kopftuch-Hakenkreuz-Assoziation stellte.

Die DF ist der dänischen Regierung durch ein Zusammenarbeitsprogramm verbunden. Da es aber vonseiten der DF immer mal wieder diskriminierende und hetzerische Äußerungen hagelt, sieht sich Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen offenbar auch diesmal nicht zu Konsequenzen veranlasst. Er sei zwar mit dem Vergleich nicht einverstanden, ließ Rasmussen wissen, doch herrsche schließlich Meinungsfreiheit. Diese windelweiche Distanzierung findet die Opposition von Sozialdemokraten, Linksliberalen und Sozialisten alles andere als ausreichend. Wenn sich die Regierung schon nicht von diesem ausländerfeindlichen Partner trenne, dann sei zumindest eine klare Verurteilung angebracht.

Demnächst muss sich wohl auch das Europaparlament mit rassistischen Ausfällen beschäftigen. Denn mit Mogens Camre (DF) hat sich im Gefolge Krarups und Kjærsgaards auch ein EU-Parlamentarier auf Abdol-Hamid eingeschossen. Camre schloss sich den Parteifreunden an und erklärte es zu einer „kranken Idee und völlig unnatürlich“, eine Muslimin mit Kopftuch „in unserem demokratischen Parlament“ zuzulassen. Zur Verfolgung der Strafanzeigen gegen ihn bedarf es nun der Aufhebung seiner Immunität, und genau dafür will sich die sozialdemokratische Europaparlamentarierin Britta Thomsen einsetzen: „Würden wir nicht reagieren, könnte das als Ausdruck der Fremdenfeindlichkeit gesehen werden.“

Vergleiche zwischen Kopftuch und Hakenkreuz gebe es auch in anderen EU-Ländern, weiß Kommunikationswissenschaftlerin Rikke Andreassen, die an einem internationalen Forschungsprojekt zur Kopftuchdebatte mitarbeitet – jedoch nicht von einem Parlamentarier oder führenden Politiker. „In Großbritannien oder Schweden wäre die politische Karriere einer solchen Person beendet“, so Andreassen. In Dänemark jedoch seien keine Folgen zu erwarten.