Merkel streitet mit Sarkozy: Deutschland liegt nicht am Mittelmeer

Frankreich und Deutschland streiten über Sarkozys "Mittelmeerunion" - dürfen tatsächlich nur die Länder Vollmitglied werden, die einen Zugang zum Mittelmeer haben?

Dicke Luft im deutsch-französischen Verhältnis: Sarkozy und Merkel. Bild: dpa

BRÜSSEL taz Deutschland und Frankreich streiten weiterhin über die Mittelmeerunion, die Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy gründen will, wenn er ab Juli für ein halbes Jahr die Ratspräsidentschaft die EU übernimmt. Am Montag hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einem Treffen mit Sarkozy angekündigt, Deutschland werde die französische EU-Ratspräsidentschaft ebenso unterstützen, wie Frankreich es im deutschen Halbjahr 2007 getan habe. Das war zweideutig: Schließlich hatten viele Beobachter kritisiert, der französische Präsident habe sich damals zu sehr in den Vordergrund gedrängt.

Schon Dienstag Mittag ließ Sarkozy seinen Premierminister François Fillon denn auch klarstellen, wer aus seiner Sicht im deutsch-französischen Verhältnis obenauf liegt. Denn in der Mittelmeerunion, die Sarkozy am 13. Juli gründen will, soll Deutschland nur assoziiertes Mitglied werden. Man orientiere sich am Rat der Ostseeanrainer, wo Deutschland eine besondere Rolle spiele und Frankreich nur Beobachterstatus habe, erklärte Fillon gestern dem Pariser Radiosender Europe 1. Berlin solle anerkennen, "dass Frankreich und die Anrainerstaaten des Mittelmeers eine besondere Rolle bei der Umsetzung des Projekt spielen müssen."

Noch am Montagabend hatte es von deutscher Seite geheißen, Deutschland habe sich mit seiner Kritik an dem Projekt durchgesetzt. Die Mittelmeerunion "soll ein Projekt aller 27 Mitgliedsländer sein", hatte Merkel im Anschluss an ihr Gespräche mit Sarkozy gesagt. Details des gefundenen Kompromisses werde sie beim bevorstehenden EU-Gipfel zur Sprache bringen.

Nun will Frankreich offenbar wieder die Initiative an sich reißen. Den Plan zur Mittelmeerunion erwähnte Sarkozy zum ersten Mal 2005 in einer Rede im marokkanischen Rabat. Ursprünglich hatte Sarkozy damit eine neue Union mit starken Strukturen nach dem Vorbild der G-8-Gipfel gründen wollen. Ihr sollten auf der europäischen Seite Frankreich, Spanien und Italien angehören, daneben die Türkei und die afrikanischen Mittelmeerländer Marokko, Algerien, Tunesien, Libyen, Ägypten, auch Jordanien und eventuell die Golfstaaten.

Doch nicht einmal in Spanien und Italien stieß der Plan auf Begeisterung. Am deutlichsten wurde Angela Merkel: Es bestehe die Gefahr, dass Parallelstrukturen zum bereits existierenden "Barcelona-Prozess" der EU geschaffen würden, der ebenfalls eine stärkere Zusammenarbeit zwischen EU und südlichen Mittelmeeranrainern anstrebt. Barcelona-Prozess bezeichnet die 1995 ins Leben gerufene Euro-Mediterrane Partnerschaft (EMP), die offiziell zum Ziel hat, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und wirtschaftliche Entwicklung in der Region zu fördern. Die EMP sah regelmäßige Treffen zwischen den Mittelmeerländern der EU und 12 südlichen Mittelmeeranrainern vor, daneben die Errichtung einer Freihandelszone bis 2010. Mit dem Scheitern des Friedensprozesses in Nahost geriet der Barcelona-Prozess jedoch in eine Krise - wohl mit ein Grund für Sarkozys eigenen "mediterranen Traum".

Auch im Europaparlament machte sich Sarkozy mit dem Plan keine Freunde. Das sei ein "typischer Sarkozy", kommentierte Vural Öger von den deutschen Sozialdemokraten: "Rausgeplatzt und nicht durchdacht". Frankreich gehe es nur darum, in der erweiterten EU wieder mehr mitzureden und die Türkei in eine Parallelstruktur abzuschieben.

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