Nach den Pogromen: Südafrika plant Flüchtlingslager

Nach den Pogromen sind weiterhin zehntausende Ausländer in Südafrika auf der Flucht. Regierung und Helfer streiten, ob andauernde Flüchtlingslager die Lösung sind.

Nothilfestelle des Roten Kreuzes bei Johannesburg. Bild: dpa

JOHANNESBURG taz Die Flüchtlingskrise in Südafrika weitet sich aus. Wie am gestrigen Mittwoch bekannt wurde, will die Regierung die in den vergangenen zwei Wochen gewaltsam vertriebenen ausländischen Migranten in sieben "sicheren Unterbringungszentren" (centres for safe shelter) unterbringen. Die Zentren sollen demnach etwa 70.000 Menschen beherbergen, die derzeit zumeist in vorübergehend eingerichteten Nothilfestellen hausen. Diese sind überfüllt, die sanitäre und medizinische Versorgung dort verschlechtert sich zunehmend.

Internationale Hilfswerke warnen vor der Einrichtung von lagerähnlichen Zentren mit dem Hinweis, Südafrikas Regierung habe keine Erfahrung mit solchen Stätten, die sich in andauernde Flüchtlingslager umwandeln könnten. Humanitäre Organisationen haben in den jetzigen Nothilfestellen bereits die Versorgung übernommen. Françoise Le Goff, Leiterin der Internationalen Föderation des Roten Kreuzes für das Südliche Afrika in Johannesburg, erklärte: "Die Gewaltopfer und Vertriebenen müssen in stabilere Unterkünfte gebracht werden, damit sie sicherer sind und ihr Leben neu organisieren können." Die sanitäre Situation in den jetzigen Auffangstätten, deren Bewohnerzahl sie mit 50.000 angibt, sei problematisch und werde durch Mangel an Toiletten, Reinigung, Wasser und Hygiene verschlimmert. Decken, Kleidung und Nahrungsmittel würden dringend benötigt. Die Koordination zwischen Behörden und Nichtregierungsorganisationen sei schlecht.

Laut Muriel Cornelius, Programmkoordinatorin von Ärzte ohne Grenzen sind viele der Flüchtlinge noch nicht einmal in Zelten untergebracht, und die Zahl von Infektionskrankheiten steige an; die herrschende eisige Winterkälte in der Nacht trägt dazu bei. Die Allianz für Aids und Gesundheit Südliches Afrika äußerte sich besorgt über die Versorgung von HIV-positiven und Kranken, aber auch wegen möglichen Vergewaltigungen und Kriminalität in überfüllten Zentren. Sie forderte die Regierung auf, einen Plan für die Gesundheitsversorgung der Lager aufzustellen. In einem Lager in Nyanga bei Kapstadt gibt es angeblich bereits 58 Cholera-Fälle. Das UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR forderte Südafrikas Regierung auf, die Lage der illegal im Land lebenden Simbabwer zu klären. "Wir wollen, dass sie Dokumente und Schutz erhalten" sagt UNHCR-Sprecher Yusuf Hassan.

Wegen der politischen Lage in ihrem Heimatland ist eine Rückkehr für Simbabwer schwieriger als für andere Migranten beispielsweise aus Mosambik oder Malawi. Schätzungsweise allein drei Millionen Simbabwer halten sich in Südafrika auf, und eine große Zahl wurde Opfer der Gewaltwelle durch Einheimische, bei der laut Regierung bisher 56 Menschen starben, mehr als 1.000 verletzt und 440 Häuser zerstört wurden. Nur ein kleiner Teil der ausländischen Afrikaner in Südafrika besitzt Flüchtlingsstatus; die Mehrheit der insgesamt angeblich fünf Millionen Ausländer sind "Wirtschaftsflüchtlinge", meistens illegal eingereist.

Seit Beginn der fremdenfeindlichen Angriffe in Südafrika sind mehr als 27.000 nach Mosambik und rund 3.000 nach Malawi zurückgereist, mit Unterstützung ihrer Regierungen. Nicht alle ausländischen Opfer der Angriffe wollen jedoch in ihre armen Heimatländer zurück, obwohl sie Angst vor der Zukunft in Südafrika haben. Arbeitsgruppen der Lokalregierungen versuchen nun, in den Gemeinden der Townships für mehr Toleranz zu sorgen und auch die Rückkehr der Ausländer vorzubereiten, die dazu bereit sind. Denn diese haben nicht nur ihre Habe verloren, sondern auch ihre Arbeitsstellen und die Schulplätze ihrer Kinder.

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