Indonesien gibt Schuld für Gräuel zu: Bedauern ja, entschuldigen nein

Indonesiens Präsident akzeptiert Bericht über Gräueltaten in Osttimor 1999, der Militär zum Hauptschuldigen erklärt.

Abschlussbericht der "Kommission für Wahrheit und Freundschaft": Osttimors Präsident Jose Ramos-Horta, Indonesiens Präsident Susilo Bambang Yudhoyono und Osttimors Premier Xanana Gusmao Bild: dpa

BANGKOK taz "Wir bedauern zutiefst die Ereignisse in der Vergangenheit, durch die Leben und Eigentum verloren gegangen sind", sagte Indonesiens Präsident Susilo Bambang Yudhoyono, als er gestern in Bali gemeinsam mit Osttimors Präsident José Ramos-Horta den Abschlussbericht der "Kommission für Wahrheit und Freundschaft" (CTF) entgegennahm. Zwar räumt Indonesien damit ein, dass es hauptverantwortlich ist für die Welle der Gewalt zur Zeit des Unabhängigkeitsreferendums in Osttimor 1999. Doch eine Entschuldigung für die Opfer gab es nicht.

Der Bericht der 2005 von Jakarta und Dili gemeinsam eingesetzten CTF wirft Indonesiens Militär und proindonesischen Milizen systematische Menschenrechtsverletzungen in Osttimor vor. Nach 24 Jahren Besetzung durch Indonesien hatte sich Osttimors Bevölkerung im August 1999 mit großer Mehrheit für die Loslösung vom mächtigen Nachbarn entschieden. Darauf verwüsteten proindonesische Milizen das Land. Angestachelt worden seien sie von Indonesiens Militär, welches die Milizen finanziert und ausgerüstet habe, heißt es im Bericht.

Mindestens 1.400 Menschen wurden damals ermordet, über 200.000 Bewohner mussten flüchten. Erst eine internationale Eingreiftruppe stoppte die Gewalt. Osttimor kam unter UN-Verwaltung und wurde 2002 unabhängig.

Die Gewalttaten gingen zum Teil zwar auch auf das Konto osttimoresischer Unabhängigkeitsgruppen. Aber die proindonesischen Milizen seien die wichtigsten Urheber der Gräuel gewesen, so der Bericht weiter. Die Kommission sprach sich auch, anders als zunächst befürchtet, gegen eine Amnestieempfehlung für die mutmaßlichen Täter aus: "Eine Amnestie wäre nicht in Einklang mit den angestrebten Zielen, die menschliche Würde der Opfer wiederherzustellen und einen Grundstein für die Versöhnung beider Länder zu legen", heißt es.

Damit legt die CTF, in der Vergangenheit oft als "zahnloser Tiger" verhöhnt, den Finger in die offene Wunde. Allerdings scheinen weder Indonesien noch Osttimor geneigt, Konsequenzen zu ziehen: Indiz dafür ist die Tatsache, dass sich bis heute keiner der mutmaßlichen Hauptverantwortlichen juristisch verantworten musste. Zwar sei dieser Bericht ein erster Schritt zur Versöhnung, so der Asienreferent der Gesellschaft für bedrohte Völker, Ulrich Delius: "Doch den Bemühungen um Gerechtigkeit für die Opfer von Massakern, Vertreibung und Morden ist mit dem Bericht wenig geholfen, da beide Staaten kein Interesse an einer Strafverfolgung Verantwortlicher zeigen." Viele Beobachter sind zudem enttäuscht, dass der Bericht keine Namen mutmaßlich Verantwortlicher nennt.

Osttimors Präsident und Friedensnobelpreisträger von 1996, José Ramos-Horta, drückte es so aus: "Gerechtigkeit ist nicht nur und kann nicht nur anklagend sein, indem Leute ins Gefängnis gebracht werden." Gerechtigkeit müsse auch heilend sein. Im Klartext: Es wird auch künftig keine Ahndung der Verbrechen geben.

In der Vergangenheit hatte die UNO mit einem internationalen Tribunal gedroht, falls Indonesien die Verbrechen nicht selbst aufarbeite. Daraufhin hatte Jakarta 2001 ein sogenanntes "Ad-hoc-Gericht" etabliert, das aber keinen der mutmaßlichen Hauptverantwortlichen angeklagt hatte. Dazu zählten der frühere indonesische Armeechef und Verteidigungsminister Wiranto sowie der damalige militärische Geheimdienstchef Zacky Anwar Makarim. Nur Eurico Guterres, ein proindonesischer Milizenführer, war ursprünglich zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Allerdings kam er nach zwei Jahren Gefängnis im April dieses Jahres wieder frei.

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