Bürgerkrieg in Sri Lanka eskaliert erneut: Tamil Tigers in der Defensive

Sri Lankas Armee hat die Oberhand gegen die Rebellen. Menschenrechtsaktivisten berichten, bei Luftangriffen seien über 50 Schülerinnen ums Leben gekommen.

Regierungstruppen bereiten sich auf den Einmarsch in ein von den Rebellen zurückerobertes Dorf vor. Bild: Reuters

DELHI taz Der militärische Kurs der Regierung Sri Lankas gegen die tamilischen Rebellen im Norden des Landes zeigt gewisse Erfolge. In dieser Woche eroberten Regierungstruppen den Küstenort Vidattaltivu. Damit erlitten die "Befreiungstiger von Tamil Eelam" (LTTE) eine weitere Niederlage. Vidattaltivu galt als Stützpunkt der LTTE-Marine "Sea Tigers". Von dort kamen vermutlich geschmuggelte Waffen aus Indien ins Rebellengebiet.

In den vergangenen Wochen waren die Kämpfe wieder eskaliert. Der Präsident und Hardliner Mahinda Rajapakse bot zugleich der LTTE erstmals Friedensverhandlungen an, wenn sie denn kapituliere. Die Tiger müssten "lediglich ihre Waffen niederlegen," so Rajapakse. Im Januar hatte er den Waffenstillstand aufgekündigt.

Der Zeitpunkt war sorgfältig ausgewählt. Denn die Rebellen galten als so geschwächt wie nie zuvor. Nach einem Angriff auf Vertreter der Beobachtermission für Sri Lanka (SLMM) durch die "Sea Tigers" hatte die EU die LTTE im Mai 2006 auf die Liste terroristischer Organisationen gesetzt und Konten eingefroren. 2004 hatte sich der LTTE-Führer im Osten des Insel, Vinayagamoorthi Muralitharan ("Oberst Karuna"), von dem autoritären LTTE-Chef Velupillai Prabhakaran losgesagt und mit Getreuen den Kampf gegen einstige Weggefährten aufgenommen. Die LTTE eroberte das verlorene Gebiet zunächst schnell zurück, doch inzwischen steht der Osten wieder komplett unter Kontrolle der Regierung. Auch im Norden konnten Colombos Truppen und Paramilitärs in den vergangenen sechs Monaten unerwartet große Gebiete einnehmen.

Vor kurzem meinte der Kommandeur von Sri Lankas Regierungsarmee, Generalleutnant Sarath Fonseka, sogar, die LTTE sei "als konventionelle Armee" besiegt. Die Armee rücke weit in Rebellengebiet vor. Er sagte, 9.000 Soldaten der LTTE seien seit der Zunahme der Kämpfe vor zwei Jahren getötet worden. Ihr Widerstand sei gebrochen. Noch vor wenigen Jahren hätte es Monate gedauert, einen oder zwei Kilometer vorzurücken. Das sei heute nicht mehr der Fall, die LTTE sei klar in der Defensive.

Doch die Gruppe "Universitätslehrer für Menschenrechte" aus dem nördlichen Jaffna beschreibt in ihrem Bericht "Trauma in Vanni" auch, wie die Zivilbevölkerung in dem schwer umkämpften Vanni-Gebiet immer wieder zwischen die Fronten gerät. Die Menschen bereiteten sich umgehend auf Luftangriffe der Regierungstruppen vor, sobald sie von Bombenanschlägen im Süden des Landes erführen. "Alle offiziellen Anlässe für die kommenden drei Tage werden abgesagt."

Die Gruppe berichtet, sie habe Beweise, dass bei einem Luftangriff vor zwei Jahren 54 Schülerinnen ums Leben gekommen seien. Zwar sei zu vermuten, dass die Mädchen von den Rebellen zu einer militärischen Schulung gezwungen worden seien. Doch das rechtfertige es nicht, "Schulmädchen zu bombardieren".

Ein baldiges Ende des Krieges ist trotz der Erfolge der Regierungstruppen nicht abzusehen. Denn der Vorstoß der Armee dauert schon länger als von der Regierung erhofft. Einige Minister hatten einen militärischen Sieg bis spätestens Dezember vorausgesagt.

Der Preis ist schon jetzt hoch: Die Wirtschaft liegt wegen des wiederaufgeflammten Konflikts darnieder, die Preise für Konsumgüter haben sich in einem Jahr um mehr als 28 Prozent erhöht. Doch selbst ein militärischer Sieg der Regierung würde den ethnischen Konflikt, der den zweieinhalb Jahrzehnten Bürgerkrieg zugrunde liegt, nicht lösen. Armeechef Fonseka räumt denn auch ein: "Die LTTE könnte mit 1.000 Kadern noch ein oder vielleicht sogar zwei Jahrzehnte weiter bestehen." Es könnte ein "ewig währender Aufstand" sein.

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