Mrs Obama spielt First Lady

Auf dem Parteitag der US-Demokraten legt die Frau des Kandidaten ihren kämpferischen Stil ab. Sie redet, wie von ihr erwartet wird, spricht von weiblichen Werten und macht patriotische Sprüche

Am Montag hat der viertägige Parteitag der Demokraten in den USA begonnen. Insgesamt 44 Redner traten auf, um unter Jubel und Klatschen ihren Präsidentschaftskandidaten Barack Obama zu feiern. Und doch musste Parlamentspräsidentin Nancy Pelosi die Partei zur Geschlossenheit auffordern. Der erbitterte Vorwahlkampf hat die Demokraten gespalten. Nach jüngsten Umfragen wollen immer noch 30 Prozent der Anhänger Clintons den republikanischen Kandidaten McCain wählen oder überhaupt nicht zur Wahl gehen. Unterstützung bekam Obama aus dem Hause Kennedy. Einer der Höhepunkte des ersten Tages war der Auftritt des schwerkranken Senators Edward Kennedy, der letzte noch lebende Bruder John F. Kennedys. „Barack Obama steht für den Wandel, den wir brauchen“,sagte der krebskranke 74-Jährige. Obamas Ziel sei „die Erneuerung der Nation“. Seine Nichte Caroline sagte in ihrer Rede: „Nie zuvor habe ich jemanden getroffen, der mich so sehr inspiriert hat, wie mein Vater andere inspirierte“, und fügte hinzu: „Jetzt endlich habe ich es.“ Am Dienstag wollte Hillary Clinton auf dem Parteitag sprechen. Es wurde erwartet, dass sie ihre Anhänger auffordert, die Konflikte der Vorwahl hinter sich zu lassen und Barack Obama zu unterstützen. DPA, AP, AFP

AUS DENVER ADRIENNE WOLTERSDORF

Es war die perfekte Familienshow. Zunächst sprach Mutter Marion über Tochter Michelle. Dann Bruder Craig. Schließlich Michelle über Barack und zu guter Letzt winkte Daddy aus Kansas City den beiden Töchtern Sasha und Malia auf der Bühne per Satellitenstandleitung zu. Statt über die neue Sozialpolitik sprach Michelle Obama, Rechtsanwältin und Princeton-Absolventin, vor den 5.000 Delegierten des Parteitags der Demokraten in Denver davon, wie sie abends die Bettdecken ihrer beiden Töchter zurechtzupft.

Ihr Auftritt, angekündigt als der Höhepunkt des ersten Tages des Demokratentreffens, hatte vor allem eine Aufgabe: den Wählenden zu versichern, dass sie das Regieren ihrem Mann überlassen wird. Und dass Barack Obama ein amerikanischer Vorzeigemann ist mit Vorzeigewerten als Vater, Mann und Präsident.

Die Frau, die da am Montagabend auf der pompösen Bühne des Pepsi-Centers in Denver in ihrem schlichten türkisfarbenen Kleid stand, war nach sechs Monaten Wahlkampf bereits Lichtjahre entfernt von der kämpferischen, rhetorisch brillanten Michelle Obama, die noch im letzten Jahr in Talkshows gewitzelt hatte, dass sie diesen Obama, den alle so toll finden, auch gerne mal kennenlernen würde. Ihr Obama jedenfalls räume seine Socken ebenso wenig weg wie andere Männer auch.

Das hatte ihr Schelte eingebracht von engagierten Obama-Unterstützerinnen. Zu Recht, denn First-Lady-like hatte das nicht geklungen. Aber verdammt ehrlich. Auch als Michelle, 44, im Februar sagte, dass sie zum ersten Mal stolz auf ihr Land sei, weil es jemandem wie Barack endlich eine Chance böte, gab es heftigen Ärger. Manchmal sah es überhaupt so aus, als ob sie, die Frau an seiner Seite, mehr Unmut einstecken müsse als der Kandidat selbst. Michelle hatte bisweilen so entschlossen debattiert, dass immer wieder zu hören war, dass sie eigentlich besser sei als ihr Mann.

Vorbei die kämpferische, berufstätige Frau, die zufällig mit einem Senator verheiratet ist, der sich für ein hohes Staatsamt bewirbt. Mit Baracks Erfolg blieb Michelle nur noch wenig Raum für die Neuinterpretation der Politikergattin. Michelle legte ihre Stelle als Klinikmanagerin der Chicagoer Universität vorerst ab, um Barack bei seinem Wahlkampf zu unterstützen und für die beiden Töchter, 7 und 10 Jahre alt, da zu sein. Auf dem „campaign trail“ ist Michelle aber so erfolgreich, dass sie das Obama-Team gerne „the closer“ nennt. Also diejenige, die die durch Barack angewärmten, aber vielleicht noch unentschlossenen Wähler und Wählerinnen „einfängt und sichert“. Mit Charme, Ehrlichkeit, Selbstironie und einem beachtlichen Redetalent.

Im Hinblick auf den 4. November und die auf die konservativ gestimmten Wechselwähler und liberalen Konservativen gemünzte Wahlstrategie muss Michelle nun, so beschloss das Wahlkampfteam, runderneuert werden. Keine burschikose „jetzt aber mal ehrlich“-Rhetorik mehr. Keine zur Schau gestellte Wut mehr. Kein Dynamit mehr. Ab jetzt nur noch weibliche Werte und proppere amerikanische Sätze wie „Ich liebe mein Land“. Oder: „Barack hat mich nicht ein einziges Mal in unserer 20-jährigen Beziehung enttäuscht.“

Natürlich nicht. Das US-amerikanische Publikum ist gewöhnt an solche Auftritte und erwartet sie auch. Als 2007 die erste Parlamentspräsidentin der USA, die Demokratin Nancy Pelosi, ihr Amt antrat, präsentierte sie sich im Sitzungssaal als liebevolle Großmutter und Mutter.

In der ersten großen Ansprache dieses PR-Parteitages sagte eine strahlende Michelle – vielleicht bald die erste schwarze First Lady in der Geschichte der USA – einer jubelnden Menge, die zahllose Michelle-Schilder hochhielt, dass sie und ihr Mann sich verpflichtet fühlen, für eine Welt zu kämpfen, wie sie sein sollte. Für die Kinder natürlich.