Muslimische Geistliche in Indien: Distanz vom Terror

Muslimische Geistliche verurteilen religiös motivierte Gewalt und folgen einflussreicher konservativer Islam-Hochschule.

Die Teilnehmer der Vollversammlung der Jamiat Ulema-e-Hind, eine der wichtigsten muslimischen Gruppen des Landes, verurteilten jede Form von Terrorismus scharf. Bild: ap

DELHI taz Eine Serie von Terroranschlägen, die in diesem Jahr in Indien mehr als 200 Menschenleben gefordert hat, bringt Indiens Muslime immer mehr in Bedrängnis. Sicherheitskräfte gehen immer rabiater gegen Muslime vor, weil sie hinter den Taten militante Islamisten vermuten. In der Öffentlichkeit werden Muslime immer stärker mit Terrorismus in Verbindung gebracht. Daher hat nun eine mächte Glaubenskongregation von mehr als 6.000 muslimischen Geistlichen in der südindischen Stadt Hyderabad ein Zeichen gesetzt und sich klar von religiös motivierter Gewalt distanziert. Die Teilnehmer der Vollversammlung der Jamiat Ulema-e-Hind, eine der wichtigsten muslimischen Gruppen des Landes, verurteilten jede Form von Terrorismus scharf.

Die "Ausbeutung der Erde und das Töten Unschuldiger" seien die "unmenschlichsten" aller Verbrechen, heißt es in einem gemeinsam verfassten Rechtsgutachten, einer Fatwa, das die Geistlichen während des zweitägigen Treffens erließen. "Wir müssen dem Terrorismus ein Ende setzen, denn im Namen der Terrorbekämpfung wird der gesamte Islam diskreditiert", sagte der Generalsekretär der Jamiat Ulema-e-Hind, Maulana Mahmood Madani. Jetzt sollen mehr als 50.000 Geistliche aus ganz Indien die Fatwa unterschreiben.

Die Geistlichen bekräftigen mit ihrer Erklärung ein entsprechendes islamisches Rechtsgutachten, das eine der einflussreichsten Islam-Hochschulen, die Darul-Uloom im nordindischen Deoband, im Mai erlassen hatte. Bis dahin wurde die Hochschule, die für ihre strenge sunnitisch-hanafitische Auslegung des Islam bekannt ist, wiederholt mit dem Aufkommen des militanten Islamismus in Verbindung gebracht. Taliban-Chef Mullah Omar soll an einer Koranschule in Pakistan ausgebildet worden sein, die sich als Ableger Deobands bezeichnet und als Geburtsstätte der Taliban gilt. Deoband selbst streitet seit jeher jede Verbindung ab.

Die Teilnehmer des Treffens forderten zudem die Regierung dazu auf, etwas gegen die vielfältigen Probleme zu unternehmen, denen sich Muslime in Indien ausgesetzt sehen. Rund ein Drittel der 138 Millionen indischen Muslime lebt in tiefster Armut. Ein kürzlich veröffentlichter Regierungsbericht zeigt, wie stark Muslime in Indien marginalisiert sind. Sie hinken den anderen Religionsgemeinschaften des Landes in allen sozialen und wirtschaftlichen Bereichen hinterher. Muslimische Politiker und Menschenrechtsgruppen werfen dem politischen Establishment des Landes seit langem vor, Muslime bewusst zu diskriminieren.

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