Serbiens Außenminister über Kosovo: "Kosovo-Politik stört Weg in EU nicht"

Serbiens Außenminister Jeremi fordert von der EU-Mission im Kosovo, die territoriale Integrität Serbiens zu respektieren. Sonst droht eine russische Blockade im UN-Sicherheitsrat.

Eine andere Kosovo-Politik würde Serbiens Verfassung verletzen, meint Jeremi.

Nach den Natoangriffen auf Serbien 1999 wurde aufgrund der UNO-Resolution 1244 die UNO-Zivilverwaltung Unmik im Kosovo stationiert. 2008 verkündete Kosovo gegen den Willen Belgrads seine Unabhängigkeit. Die EU will mit einer Justiz- und Polizeimission (Eulex) die Unmik im Kosovo ablösen. Die Eulex soll Kosovo beim Aufbau eines Rechtsstaates unterstützen. Dem widersetzte sich Belgrad und blockierte mit Hilfe Russlands eine diesbezügliche Entscheidung des UNO-Sicherheitsrats. Serbien fordert, dass die Eulex "statusneutral" unter dem UN-Schirm arbeitet. Nur wenn die UNO diese Bedingungen erfüllen, wird Moskau zustimmen. Darüber sol der Sicherheitsrat am Dienstag entscheiden.

taz: Herr Jeremic, warum bestreitet Serbien die Legalität von Eulex, der EU-Mission, die die UNO-Zivilverwaltung im Kosovo ersetzen soll?

Vuk Jeremic: Nur der UNO-Sicherheitsrat kann eine Umgestaltung der internationalen Präsenz im Kosovo gestatten. Prinzipiell haben wir nichts dagegen, wenn die Eulex die Souveränität und territoriale Integrität Serbiens nicht verletzt. Es muss schriftlich festgelegt werden, dass die Eulex hinsichtlich des Status des Kosovo neutral sein muss und den Ahtisaari-Plan nicht umsetzen darf. Sollte es zu keiner Einigung darüber kommen, dann würde die vorhandene UN-Zivilverwaltung Unmik die einzige legale internationale Mission im Kosovo bleiben.

Also rechnet Serbien mit der Unterstützung Russlands im Sicherheitsrat?

Russland wird alles, was für Serbien annehmbar ist, unterstützen. Was jedoch den serbischen Interessen zuwiderläuft, wird Moskau im Sicherheitsrat blockieren.

Serbien will nur mit der UNO verhandeln, obwohl die Eulex eine europäische Mission ist. Die EU wird wohl auch etwas zu sagen haben?

Serbien verhandelt in dieser Frage ausschließlich mit der UNO, und wir haben vor einer Woche ein prinzipielles Abkommen erzielt. Es scheint jedoch, dass das für einige europäische Mitglieder des Sicherheitsrats unannehmbar ist. Sie haben Druck auf das UN-Sekretariat ausgeübt, seinen Standpunkt zu revidieren. Was Serbien angeht, können die Verhandlungen über die Eulex entweder mit der Erfüllung unserer Bedingungen oder einer Blockade im Sicherheitsrat enden. Die serbische Kosovo-Politik steht natürlich im Widerspruch zu den Interessen der Länder, die Kosovo als unabhängigen Staat anerkannt haben.

Verlangsamt die Kosovo-Politik Belgrads den europäischen Integrationsprozess Serbiens?

Die europäische Integration ist eine strategische Priorität dieser Regierung. In diesem Augenblick verlangsamt unsere Kosovo-Politik den Weg Serbiens in Richtung der vollen Mitgliedschaft in der EU nicht. Wir werden alles tun, damit sich diese beiden Prozesse nicht überschneiden. Die offizielle Politik sowohl Belgrads als auch Brüssels ist, dass es sich um zwei getrennte Prozesse handelt.

Glauben Sie, dass Serbien Mitglied der EU werden kann ohne seine Beziehungen zu Prishtina regeln?

Ich hoffe, dass wir unsere Beziehungen auf eine für beide Seiten annehmbare Weise regeln werden.

Erwarten Sie ernsthaft, dass die Regierung in Prishtina die Unabhängigkeit aufgeben wird?

Das ist eine falsche Betrachtungsweise. Wir erwarten, dass der Internationale Gerichtshof feststellen wird, dass die einseitige Unabhängigkeitserklärung des Kosovo dem Völkerrecht widerspricht. Falls es Serbien gelingt, die Anerkennung durch weitere Staaten zu stoppen, würde "Kosovo" nie Mitglied einer internationalen Organisation werden können und sein rechtlicher Status dauerhaft undefiniert bleiben. Prishtina hat mit der Unterstützung einiger Staaten die einseitige Unabhängigkeit verkündet. Wir müssen zeigen, dass das nicht zur Erfüllung seiner Ziele führt. Dann würde Prishtina vor der Wahl stehen: entweder in einem solchen undefinierten Zustand zu verharren oder sich wieder an den Verhandlungstisch zu setzen.

Die EU hat da aber vollkommen entgegengesetzte Interessen. Wird Serbien eines Tages zwischen der EU und dem Kosovo wählen müssen?

Wir werden alles tun, um eine solche Situation zu vermeiden. Kosovo kann nicht Gegenstand von Verhandlungen sein, um in die EU zu kommen. Ohne unsere Verfassung zu verletzen [diese definiert den Kosovo als untrennbaren Teil Serbiens, Anm. d. Red.], können wir unsere Kosovo-Politik nicht ändern. Falls man uns trotzdem in eine solche Situation bringen würde, müssten wir zu allem, was einen Bruch unserer demokratischen Ordnung darstellt, nein sagen.

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