Nach fast zwei Jahren: Notstand in Bangladesch aufgehoben

Die vom Militär gestützte Übergangsregierung will in Kürze die verschobenen Parlamentswahlen durchführen.

Der Notstand ist vorbei. Bild: ap

DELHI taz Nach fast zwei Jahren hat die militärisch gestützte Übergangsregierung unter Präsident Iajuddin Ahmed am Mittwoch den Notstand in Bangladesch aufgehoben. Damit sollen die Parlamentswahlen am 29. Dezember unter rechtsstaatlichen Bedingungen abgehalten werden. Darauf hatten die beiden größten Parteien des Landes gedrängt.

Politiker und Kommentatoren feierten die Entscheidung: "Notstand raus, Rechte hinein", titelte etwa die größte englischsprachige Tageszeitung The Daily Star. Nach "zwei langen Jahren" sehe "die Nation" ihre "fundamentalen Rechte wiederhergestellt."

Auf Druck der Armee hatte die Übergangsregierung, die zur neutralen Durchführung der Wahlen verfassungsmäßig eingesetzt worden war, den Wahlgang im Januar 2007 auf unbestimmte Zeit verschoben und die Grundrechte außer Kraft gesetzt. Präsident Iajuddin Ahmed begründete den Schritt mit der monatelangen Gewalt zwischen Anhängern der beiden großen Parteien, die der geplanten Abstimmung vorausgegangen war.

Staatsstreiche sind in Bangladesch nicht neu: Seit der Staatsgründung 1971 kam es immer wieder zu Putschen gegen gewählte Regierungen durch die Armee. Einige Maßnahmen des Übergangsregimes während des Notstands wurden begrüßt: Bei der Einführung eines Wahlregisters stießen Ermittler auf 12,7 Millionen gefälschte Identitäten. Auch legte die Armeeregierung eine striktere Gewaltenteilung fest, was vor allem die bislang schwache Justiz stärkt. Tausende Geschäftsleute, Aktivisten, Politiker, aber auch Journalisten, wurden wegen Korruptionsvorwürfen festgenommen. Auch die beiden Parteichefinnen, Chaleda Sia von der BNP und Scheich Hassina von der Awami League, befinden sich derzeit nur gegen Kaution in Freiheit.

Menschenrechtsgruppen werfen dem Übergangsregime vor, mit den zahlreichen Festnahmen auch viele Kritiker zum Schweigen gebracht zu haben. Armeechef Moeen U. Ahmed erklärte erst kürzlich, das Militär werde sich künftig aus der Politik heraushalten und mit der neuen Regierung zusammenarbeiten. Zuvor hatte er jedoch angedeutet, er wünsche sich eine Verfassungsänderung, die der Armee einen festen Platz in der Politik gebe. Human Rights Watch kritisierte in einem im September veröffentlichten Bericht, die ohnehin problematische Menschenrechtslage habe sich unter der Übergangsregierung weiter verschlechtert. Folter durch Sicherheitskräfte sei inzwischen an der Tagesordnung. Auch töteten Polizisten und Paramilitärs häufiger als zuvor vermeintliche Kriminelle und tarnten dies als "Schusswechsel".

Bis zum Wahltag soll es bei der hohen sichtbaren Präsenz von Sicherheitskräften und Soldaten im Land bleiben. "Ich bin überzeugt, die Lage wird stabil bleiben", sagt Polizeichef Nur Mohammad. Doch werden Anschläge militanter Islamisten befürchtet. Auch ist mit Gewalt zwischen Anhängern der beiden großen Parteien zu rechnen. Zu sehr ist Bangladesch von politischer Patronage geprägt: Bislang haben beide großen Parteien nach jedem Wahlsieg zehntausende ihrer Anhänger auf Verwaltungsposten in allen Ebenen gehievt. Somit hängt vom Wahlausgang die Existenz vieler Menschen ab.

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