Auf der Suche nach Putschisten: Löcher im Präsidentenpalast

Angeblich hat Guineas Regierung einen Putsch verhindert. Die Einschusslöcher im Präsidentenpalast wurden im Fernsehen gezeigt. Doch es gibt Zweifel an der Geschichte.

Die Regierung beschuldigt die Rebellengruppe Mend. Die wiederum dementiert ihre Beteiligung an dem Angriff. Bild: dpa

BERLIN taz Es sah aus wie ein Putschversuch aus dem Lehrbuch. Zwei Schnellboote voller bewaffneter Männer näherten sich der äquatorialguineischen Hauptstadt Malabo, und während eines von ihnen samt Insassen versenkt wurde, konnte das zweite seine Besatzung absetzen, und es kam zu Schießereien am Präsidentenpalast. Die Einschusslöcher und kaputten Fenster wurden hinterher im Staatsfernsehen gezeigt. Man habe in der Nacht zum Dienstag "einen terroristischen Angriff" abgewehrt, sagte Regierungssprecher Jeronimo Osa Ekoro am Mittwoch. Ein Angreifer wurde getötet und 15 festgenommen.

Aber für viele Beobachter sieht das alles zu sehr nach Lehrbuch aus. Äquatorialguineas Regierung behauptete, Rebellen der Mend (Bewegung für die Emanzipation des Nigerdeltas) aus Nigerias Ölgebieten hätten "versucht, den Präsidentenpalast einzunehmen und zu zerstören". Wieso sie sich einen Zeitpunkt aussuchten, wo der Präsident nicht da war - er weilte auf dem Festlandteil von Äquatorialguinea, und das war öffentlich angekündigt -, sagte die Regierung nicht. Die staatlichen Erklärungen waren widersprüchlich. Erst sprach die Armee von "Schießübungen", bevor die Regierung sich auf Terror festlegte.

Die Mend, die gegen die Auswirkungen der Ölförderung im Niger-Flussdelta kämpft, dementierte ihre Beteiligung an dem Angriff umgehend und setzte eine noch abenteuerlichere These in die Welt: Es sei "eine Verschwörung der USA, um die Einrichtung einer Africom-Basis in der Region zu rechtfertigen." Damit bezieht sich darauf, dass die USA ein gesteigertes Sicherheitsinteresse an den ölreichen Meeres- und Küstenregion zwischen Nigeria und Angola haben. Das neue US-Afrika-Kommando Africom war letztes Jahr in Stuttgart eingerichtet worden.

Es gibt nur einen einzigen Grund, in Äquatorialguinea die Macht ergreifen zu wollen: Das winzige Land mit weniger als einer Million Einwohnern ist der drittgrößte Ölproduzent Afrikas südlich der Sahara, hinter Angola und Nigeria. 2004 war ein Putschversuch südafrikanischer Söldner unter Führung des Briten Simon Mann vereitelt worden, als ein Teil der Angreifer im Land festgenommen wurde und ein anderer in Simbabwe. Mann wurde letztes Jahr in Äquatorialguinea zu 34 Jahren Haft verurteilt. Er wird derzeit in einem Krankenhaus behandelt. Es gibt Spekulationen, dass die Angreifer ihn befreien wollten. Für möglich gilt es aber auch, dass Präsident Obiang den Angriff selbst inszeniert hat, um sich ungeliebter Gegner zu erledigen.

Der benachbarte, ebenfalls ölreiche Inselstaat São Tomé versetzte in Reaktion seine Streitkräfte in Alarmbereitschaft. Erst am 13. Februar war dort eine Gruppe mutmaßlicher Putschisten unter Führung eines südafrikanischen Söldners festgesetzt worden. Am Dienstag, wenige Stunden nach den Kämpfen in Äquatorialguinea, ging auf São Tomé eine US-Radaranlage in Betrieb, die den gesamten Schiffsverkehr der Region überwachen kann.

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