Kommunalwahl in Kroatien: Regierungspartei in Provinz verdrängt

Die Großstädte werden künftig von Sozialdemokraten oder Unabhängigen regiert. Die bislang vielerorts regierende HDZ kassierte eine deutliche Niederlage.

Zagrebs Bürgermeisterkandidat Jasen Mesic erreichte nicht einmal eine Stichwahl. Bild: reuters

SPLIT taz | Nach den ersten Ergebnissen ging die Party in der Altstadt der kroatischen Hafenstadt Split so richtig los. 2.000 Gäste genossen das zu Pfingsten traditionelle Lammessen. Der Spender war der Wahlsieger bei den Stichwahlen in der zweitgrößten Stadt Kroatiens: Zeljko Kerum, Selfmademan, Milliardär und Besitzer der größten Lebensmittelkette des Landes.

Nun ist er als Bürgermeister Hoffnungsträger nicht nur für die 57 Prozent seiner Wähler, sondern weit über die Parteigrenzen hinaus. Die meisten Bürger hoffen, von den Ideen des umtriebigen Geschäftsmannes zu profitieren, der sich als unabhängiger Kandidat gegen einen Sozialdemokraten durchsetzte. Dagegen waren die Gesichter in der Zentrale der bisherigen Regierungspartei Kroatische Demokratische Gemeinschaft (HDZ) lang. Zwar blieb die HDZ stärkste Partei in den Rathäusern und in den Gespanschaften (10 von 21 Regierungsbezirken), sie stellt jedoch in keiner Großstadt mehr den Bürgermeister. Die HDZ wurde zur "Partei der Kleingemeinden, Dörfer und der Provinz", spöttelten die Medien.

In der Hauptstadt Zagreb, in der der bisherige sozialdemokratische Amtsinhaber Milan Bandic mit 62 Prozent gewann, kam die HDZ nicht einmal in die Stichwahl. Auch in den anderen Großstädten standen sich bei den Stichwahlen vor allem Sozialdemokraten und Unabhängige gegenüber. Die Ausnahme: In der ostkroatischen Stadt Osijek siegte der Kandidat der Kroatischen Gemeinschaft Slawonien und Baranja (HDSSB), der Partei des kürzlich nach Bosnien und Herzegowina geflohenen und in Kroatien zu zehn Jahren Haft verurteilten Kriegsverbrechers Branimir Glavas. Es gab in Osijek allerdings eine seltsame Koalition der HDSSB mit der linken Kroatischen Volkspartei (HNS) und den Grünen, die den Wahlerfolg der HDSSB überhaupt erst möglich machte.

Die Sozialdemokraten stellen die Bürgermeister in Zagreb, Rijeka, Dubrovnik, Vukovar und in vielen kleineren Gemeinden. Damit sei die Basis für einen Sieg bei den nächsten Parlamentswahlen geschaffen, hieß es in der Parteizentrale. "Die Kirche sollte sich künftig mit ihrer Parteinahme zurückhalten", erklärte Staatschef Stipe Mesic am Montag. Die katholische Kirche hatte vor allem auf dem Lande für die HDZ geworben. Doch das Wahlergebnis zeige, dass die Wähler mündig würden, hieß es in Medienanalysen mit Blick auf die erfolgreichen unabhängigen Kandidaten. ERICH RATHFELDER

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