Neue konservative Fraktion tut sich schwer mit Europa

EUROPÄISCHES PARLAMENT Hauen und Stechen um Fraktionsbildung und Posten, Tories als Erste gebeutelt

BRÜSSEL taz | Würdevoll und feierlich sollte es zugehen bei der Eröffnungswoche des neuen EU-Parlaments in Straßburg. Dieser Plan ging am Dienstag noch auf, als der polnische Konservative Jerzy Buzek mit großer Mehrheit zum Parlamentspräsidenten gewählt wurde. Doch schon Mittwochabend bei der Wahl der Vizepräsidenten gab es den ersten Skandal. 14 Posten waren zu vergeben, die Fraktionen hatten ihrer Größe entsprechend 14 Kandidaten benannt. Doch der Brite McMillan-Scott von der neuen „Fraktion der Konservativen und Reformer“ (ECR) tanzte aus der Reihe und bewarb sich gegen den Willen seines Parteichefs David Cameron als unabhängiger fünfzehnter Kandidat.

Im ersten Wahlgang erhielten nur drei Bewerber die erforderliche absolute Mehrheit. Die wenigsten Stimmen erhielten der ECR-Kandidat Michal Tomasz Kamiński und die Liberale Silvana Koch-Mehrin. Kamiński, ein Vertrauter von Polens Staatspräsident Lech Kaczyński, hat sich mit seinen schwulenfeindlichen und nationalistischen Äußerungen in der letzten Legislaturperiode keine Freunde gemacht. Koch-Mehrin wird ihr Interview in der Bunten nicht verziehen, in dem sie Straßburg als Rotlichtzone anprangerte, in der ihre Abgeordnetenkollegen die besten Kunden seien. Zudem gilt sie wegen vieler Fehltage als faul.

Fraktionsinterne Probleme bekommt nun die neu gegründete ECR. Für eine eigene Fraktion mussten sie Abgeordnete aus sieben Ländern zusammenbringen, unter anderem die polnischen Abgeordneten der PiS. Die verlangte als Gegenleistung den Posten des Vizepräsidenten für Kamiński. Da er nun durchgefallen ist, mussten die Tories den Job des Fraktionsvorsitzenden an ihn abtreten. McMillan-Scott soll von Cameron gefeuert worden sein. Ob das stimmt, war gestern nicht herauszufinden, da der abtrünnige Brite beharrlich schwieg. DANIELA WEINGÄRTNER