Der Hahnenkampf der Generäle in Mauretanien

PRÄSIDENTSCHAFTSWAHL Nach zwei Militärputschen in vier Jahren sucht der Sahelstaat die Demokratie

BERLIN taz | Das bitterarme Mauretanien im Nordwesten Afrikas unternimmt am Samstag den zweiten Versuch, eine Demokratie zu installieren. Das bisher von autoritärer Militärherrschaft mit kurzen zivilen Intervallen geprägte Land steht heute im Epizentrum der neuen sicherheitspolitischen Herausforderungen der Sahelzone: Die Aktivitäten bewaffneter Islamisten nehmen zu, der Transit illegaler afrikanischer Migranten bestimmt die Beziehungen zu Europa, rasche Verstädterung und die Aussichten auf Reichtum aus Ölförderung und Eisenerzabbau sorgen für soziale und politische Spannungen. Die anderen Sahelstaaten, Mali, Burkina Faso, Niger und Tschad, werden von Politikern geführt, die im Militär Karriere machten und auf Krisen autoritär reagieren.

Das Besondere an der Wahl ist, dass sich die traditionell mächtige militarisierte Elite uneins ist. Das Militär putschte 2005 unter Polizeichef Ely Ould Mohamed Vall und erneut 2008 unter Mohamed Ould Abdelaziz, den Chef der Präsidialgarde. Der beendete damit ein demokratischen Experiment, das Vall 2007 durch freie Wahlen eingeläutet hatte. Valls Putsch 2005 war im Land als Chance zum demokratischen Aufbruch begrüßt worden, der Putsch von Abdelaziz 2008 hingegen stieß auf massiven Widerstand, weil er diesen Aufbruch beendete. Nun kandieren Vall und Abdelaziz gegeneinander.

Der Hahnenkampf der zwei Generäle marginalisiert den zivilen Oppositionsführer Ahmed Ould Daddah sowie den Führer der traditionell von den herrschenden Mauren versklavten schwarzafrikanischen Minderheit, Messaoud Ould Boulkheir. Vall, der von 2005 bis 2007 Mauretaniens Demokratisierung einleitete, tritt als Garant stabiler Institutionen und alter Freund von Frankreich und den USA an. Abdelaziz, der die Demokratisierung 2008 beendete und das Land an Libyens Gaddafi heranführte, sieht sich populistisch als „Kandidat der Armen“, obwohl er am meisten öffentliche Gelder für den Wahlkampf verbraucht.

Im Vorfeld hatte Abdelaziz den Kürzeren gezogen. Eigentlich wollte er sich schon am 6. Juni zum Präsidenten wählen lassen. Er trat daher im April als Juntachef zurück und setzte Wahlen an, zu denen aber kaum jemand kandidieren wollte. Auf afrikanischen Druck und senegalesische Vermittlung hin wurden die Wahlen auf den 18. Juli verschoben. Am 26. Juni trat eine Allparteienregierung zu deren Organisierung ihr Amt an. So konnte die Afrikanische Union (AU) bei ihrem Gipfel in Libyen Anfang Juli das suspendierte Mauretanien wieder aufnehmen. Es funktionierte damit ein panafrikanischer Vermittlungsprozess, der bei Afrikas anderen derzeitigen Putschländern Guinea und Madagaskar bisher scheitert.

Der Wahlausgang ist jetzt völlig offen. Fast täglich wechseln prominente Politiker die Lager. Viele Wähler in der Hauptstadt Nouakchott sagen, sie unterstützen den, der am besten zahlt. „Je näher der Wahltermin rückt, desto unklarer wird der Ausgang“, bilanziert die Zeitung L’Authentique. Sollte Abdelaziz trotzdem den Durchmarsch schaffen, dürfte das zu massiven Protesten führen. DOMINIC JOHNSON