Kreml schwächt Führung in Inguschetien

Nordkaukasus Als Reaktion auf einen Anschlag übernimmt der Moskauer Vize-Innenminister das Innenministerium in der russischen Teilrepublik. Gegen einige Mitarbeiter wird ermittelt – wegen Fahrlässigkeit

Russische Oppositionelle befürchten eine Verschlechterung der Menschenrechtslage

BERLIN taz | Das Innenministerium der russischen Teilrepublik Inguschetien steht vor einer Umstrukturierung. Nach der Entlassung des inguschetischen Innenministers Ruslan Mejriew durch Russlands Präsidenten Dmitri Medwedjew und der Ernennung von dessen bisherigem Stellvertreter, Waleri Schernow, zum kommissarischen Innenminister, übertrug Medwedjew die Verantwortung für das inguschetische Innenministerium dem russischen Vize-Innenminister Generaloberst Arkadi Edeljew.

Auch anderen Angehörigen des inguschetischen Innenministeriums droht ein jähes Ende ihrer Karriere. Am Donnerstag leiteten Russlands Ermittlungsbehörden ein Strafverfahren gegen mehrere namentlich nicht genannte Beamte des inguschetischen Innenministeriums ein. Ihre „Fahrlässigkeit“ habe den Terroranschlag gegen das Hauptquartier der Miliz von Nasran am vergangenen Montag erst möglich gemacht, so der Vorwurf. Bei dem Anschlag waren 24 Menschen getötet und 145 verletzt worden.

Die Umstrukturierungen im inguschetischen Innenministerium bedeuten für den inguschetischen Präsidenten Junus-Bek Jewkurow, der am 22. Juni bei einem Anschlag schwer verletzt worden war, einen Machtverlust. Dieser hatte sich, so Alexander Tscherkassow von „Memorial“ gegenüber der gazeta.ru, bisher vor allem auf das Innenministerium stützen können. Russische Oppositionelle befürchten eine Verschlechterung der Menschenrechtslage. Denn während Jewkurow, der sich den Kampf gegen die Korruption auf die Fahnen geschrieben hatte, immer den Dialog mit der Opposition und Menschenrechtlern gesucht hatte, werden Edeljew zahlreiche Menschenrechtsverletzungen zugeschrieben. Der frühere KGB-General war nach 2004 auf der Militärbasis Chankala Chef des Operationsstabes der in Tschetschenien eingesetzten Truppen. Auf dieser Militärbasis, so der inguschetische Menschenrechtler Magomed Muzolgow gegenüber der gazeta.ru, habe sich die Spur zahlreicher Verschleppter endgültig verloren.

Mit seiner Entscheidung untergräbt Moskau erneut die Autorität des inguschetischen Präsidenten Jewkurow. Nur einen Tag nach dem Anschlag auf Jewkurow, am 23. Juni, hatte der tschetschenische Präsident Ramsan Kadyrow erklärt, Präsident Medwedjew habe ihm die Bekämpfung der Aufständischen im benachbarten Inguschetien übertragen. BERNHARD CLASEN