Vertrag zwischen Khartum und Südsudan: Neuer Anlauf für Sudans Frieden

Auf US-Vermittlung einigen sich Nord- und Südsudan auf die Umsetzung der bestehenden, gefährdeten Friedensverträge. Wichtige Punkte bleiben allerdings ungeklärt.

Präsident Hassan Al-Bashir soll Frieden schaffen – doch noch stockt der Plan. Bild: dpa

BERLIN taz | Je näher in Sudan die anvisierten freien Wahlen und das Unabhängigkeitsreferendum für Südsudan rücken, desto stärker nehmen die Spannungen zu. Damit erscheint es immer unwahrscheinlicher, dass der bestehende Fahrplan zur Demokratisierung von Afrikas größtem Flächenstaat eingehalten werden kann.

Immerhin haben die Machthaber von Nord- und Südsudan nun aber eine neue Grundsatzeinigung zur Umsetzung der bestehenden Friedensverträge getroffen. Es gehe um die "Wiederbelebung" des Friedensprozesses, heißt es in dem Abkommen zwischen der in Sudans Hauptstadt Khartum regierenden Nationalen Kongresspartei (NCP) von Präsident Omar Hassan al-Bashir und der im Südsudan autonom regierenden ehemaligen Guerillaarmee Sudanesische Volksbefreiungsbewegung (SPLM), das am Dienstag unter US-Vermittlung unterzeichnet wurde.

Im nichtmuslimischen Süden Sudans hatte jahrzehntelang die SPLM mit ihrem bewaffneten Arm SPLA gegen die Regierungen in der Hauptstadt Khartum gekämpft. Nachdem es mehrere Millionen Tote und Vertriebene gab, schlossen die beiden Seiten Anfang 2005 Frieden. Südsudan erhielt unter SPLA-Führung Autonomie und darf 2011 über seine Unabhängigkeit abstimmen. Bereits 2009 sollten in ganz Sudan freie Wahlen stattfinden.

Doch die Umsetzung der Pläne ist ins Stocken geraten. Die Wahlen wurden auf April 2010 verschoben. Eine zur Vorbereitung organisierte Volkszählung hatte ergeben, dass der Bevölkerungsanteil des Südens deutlich niedriger liegt als bis dahin angenommen und wurde deshalb vom Südsudan nicht anerkannt.

Auch Wahlgesetze und politische Freiheiten lassen auf sich warten. Die versprochene hälftige Aufteilung von Sudans Öleinnahmen zwischen Süd und Nord findet nicht statt. Dazu kommt der Krieg in Sudans Westregion Darfur, wodurch das Land weiter extrem militarisiert bleibt. In letzter Zeit mehren sich auch bewaffnete Auseinandersetzungen innerhalb Südsudans.

Das neue Abkommen soll nun einige der größten Streitpunkte lösen. So soll Südsudan endlich seine Ölgelder erhalten und der gesamte Ölsektor unabhängig überprüft werden. Eine Reform der repressiven Sicherheitsgesetze, ein Demobilisierungsprogramm sowie das Referendumgesetz für Südsudan werden in die Wege geleitet.

Für diese Schritte legt das Abkommen technische Unterstützung durch die US-Regierung fest. Präsident Barack Obama hat erheblichen Druck auf beide Seiten im Sudan ausgeübt, um den Friedensprozess zu retten. Die Verhandlungen über das neue Abkommen begannen im Juni in Washington, und der neue US-Sonderbeauftragte Scott Gration hat die weiteren Gespräche begleitet.

Nachdem allerdings sein Vorstoß in Washington, die bestehenden US-Sanktionen gegen Sudan aufzuheben, abgelehnt wurde, entließ Sudans Präsident Bashir letzte Woche seinen wichtigsten Verbindungsmann zur US-Regierung, Geheimdienstchef Salah Gosh. Der hatte der CIA lange bei der Identifizierung von al-Qaida-Netzwerken am Horn von Afrika geholfen.

Der prosüdsudanesischen, menschenrechtlich orientierten Fraktion der US-Politik steht in Washington ein starkes realpolitisches Lager gegenüber, das die Machtelite in Khartum als Stabilitätsfaktor ansieht. Unterstützung erhielt es diese Woche von Ägyptens Präsident Husni Mubarak. Der warnte, eine Sezession Südsudans bedeute Krieg.

Sollte Khartum eine Abspaltung des Südens verhindern, dürfte dies allerdings mindestens genauso destabilisierend wirken. In der SPLA wird bereits laut über eine einseitige Unabhängigkeitserklärung nachgedacht für den Fall, dass die Differenzen über die umstrittenen Volkszählungsergebnisse und über die Einzelheiten der Referendums- und Wahlgesetze nicht ausgeräumt werden. Diese beiden Punkte sind im neuen Abkommen ausgeklammert. Neue Gespräche darüber sollen am 9. September beginnen.

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