Premierminister Abhisit verliert Rückhalt der Armee

THAILAND Der Armeechef geht auf Distanz zum Premier. Die Rothemden betrauern ihre Toten

BANGKOK taz | Nach den blutigen Unruhen vom Wochenende bemüht sich Thailands Regierung um Schadensbegrenzung – mit wenig Erfolg. Jetzt distanziert sich mit Armeechef Anupong Paochinda sogar ein wichtiger militärischer Verbündeter von Premierminister Abhisit Vejjajiva. Der General sagte im Fernsehen, man müsse das Parlament auflösen, wenn weiterhin keine politische Lösung des Konflikts in Sicht sei.

Genau das wollen die seit Mitte März demonstrierenden Rothemden erreichen und genau dagegen sträubt sich Abhisit. Doch dürfte der Sinneswandel des Armeechefs den unter wachsendem Druck stehenden Premier zum Umdenken zwingen. General Anupong, der Ende September in den Ruhestand geht, hatte sich schon mehrfach dagegen ausgesprochen, Gewalt gegen die Rothemden anzuwenden. Doch überrascht, dass er jetzt öffentlich von der Regierung abrückt. Denn schließlich hatte die Armeeführung um Anupong wesentlich dazu beigetragen, Abhisit im Dezember 2008 an die Macht zu bringen.

Abhisit behauptete, es gebe keine Unstimmigkeiten zwischen Regierung und Militär. Er und Vizepremier Suthep Thaugsuban machten gar „Terroristen“ in den Reihen der Rothemden für die Straßenschlachten vom Samstag verantwortlich, bei denen 21 Menschen starben und 850 verletzt wurden.

Premier gibt „Terroristen“ Schuld an der Gewalt

Die Rothemden hingegen machen die Regierung für die Gewalt verantwortlich. Nach ersten Autopsieergebnissen seien mindestens neun Demonstranten durch Kugeln getötet worden. Am Montag zogen Rothemden demonstrativ mit einem Konvoi leerer Särge durch Bangkok. Neue Gespräche lehnen sie ab: „Wir verhandeln nicht mit Mördern“, hatte Jatuporn Prompan, einer der Anführer der „Roten“, bereits am Sonntag erklärt.

Die Rothemden wollen weiter demonstrieren, solange Abhisit keine Neuwahlen ansetzt. Mitten in die Ungewissheit platzte überraschend eine Meldung der Wahlkommission. Demnach will das Gremium dem Verfassungsgericht empfehlen, Abhisits Demokratische Partei (DP) aufzulösen. Hintergrund sei eine unzulässige Wahlkampfspende an die DP aus dem Jahr 2005 in Höhe von 258 Millionen Baht.

In Berlin erklärte Bundesaußenminister Guido Westerwelle, das Auswärtige Amt warne nicht vor Reisen nach Thailand. Die Touristengebiete seien von den Unruhen nicht betroffen. Touristen sollten sich aber von Protesten fernhalten. NICOLA GLASS