Die Briten wählen: Buchmacher sehen die Tories vorne

Obwohl die Konservativen in den Umfragen vor der Wahl klar vorne liegen, ist noch alles offen: für eine absolute Mehrheit der Sitze dürfte es nicht reichen.

David Cameron, Kandidat der Tories, im Endspurt des Wahlkampfs. Bild: reuters

DUBLIN taz | Die britischen Wahlen sind entschieden, wenn man Paddy Power glauben kann. Der größte britische Buchmacher hat bereits am Dienstag die Gewinne an diejenigen ausgezahlt, die auf Tory-Chef David Cameron als neuen Premierminister getippt haben, obwohl die Wahl erst am Donnerstag stattfindet. Als Werbegag hat Power ein Porträtfoto von Cameron auf das Westminster-Parlament mit dem Schriftzug projiziert: "Wir zahlen."

Das ist voreilig. Die Buchmacherkette lag vor einigen Jahren schon einmal schief, als sie vor dem letzten Spieltag der englischen Fußball-Liga die Gewinne für eine Arsenal-Meisterschaft auszahlte, zum Schluss aber Manchester United vorne stand. Ähnlich könnte es Power mit Cameron ergehen. Obwohl die Tories mit großer Wahrscheinlichkeit die meisten Stimmen gewinnen werden, wird es für die absolute Mehrheit nicht reichen.

Nach letzten Umfragen liegen die Konservativen bei 35 Prozent, Labour bei 29 und die Liberalen bei 26 Prozent. Aufgrund des britischen Mehrheitswahlrechts, bei dem es in jedem Wahlkreis nur einen Gewinner gibt und die anderen Stimmen verfallen, kämen die Tories bei einem solchen Ergebnis auf 270 Sitze, Labour auf 272 und die Liberalen auf lediglich 79 Sitze. Das dürfte für eine Koalition zwischen Labour und den Liberalen Demokraten reichen.

Wenn die Tories ein oder zwei Prozentpunkte mehr erhielten und bei 36 oder 37 Prozent der Stimmen landen, könnten sie zwar die meisten Sitze (280 bis 290) erobern, dennoch wären sie für die Bildung einer stabilen Regierung auf einen Koalitionspartner angewiesen. Der Preis, den die Liberalen auf jeden Fall verlangen werden, ist die Reform des ungerechten Wahlsystems.

Premierminister Gordon Brown von der Labour-Partei hat in den vergangenen anderthalb Wochen ein Wechselbad der Gefühle durchgemacht. Auf jede positive Nachricht folgte eine Hiobsbotschaft. Vorige Woche schien sein Bemühen, sich als Kandidat mit der größten Erfahrung und Substanz zu präsentieren, endlich Früchte zu tragen. Im nächsten Augenblick beschimpfte er - vermeintlich außer Hörweite - eine Labour-Wählerin als "verbohrt". Weil er das eingeschaltete Mikrofon an seinem Revers vergessen hatte, hörte die ganze Welt mit.

Am Montag hielt er vor Citizens UK, einem Zusammenschluss von 160 Gemeindeorganisationen, die nach Meinung von Beobachtern "beste Rede seiner Karriere" und erhielt dafür tosenden Beifall. Einen Tag später meldete sich der Labour-Kandidat aus Norfolk, Manish Sood, zu Wort und bezeichnete Brown als "schlechtesten Premierminister aller Zeiten".

Spannend ist, wie viele Briten überhaupt wählen gehen werden. Die Wahlbeteiligung geht seit Jahren zurück. Umfragen zufolge wussten am Mittwoch etwa 4 von 10 Wahlberechtigten noch nicht, welcher Partei sie ihre Stimmen geben werden.

In Großbritannien wird traditionell an einem Donnerstag gewählt. Die Wahllokale sind von 7 bis 22 Uhr (8 bis 23 Uhr MESZ) geöffnet. Erste Prognosen werden kurz nach 22 Uhr erwartet, ein offizielles Ergebnis wird vermutlich erst am Freitagmorgen vorliegen. Der Sender BBC plant, die Ergebnisse an den Big-Ben-Turm des Londoner Parlamentsgebäudes zu projizieren.

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