Die saudische Kleptokratie ist maßlos

SAUDI-ARABIEN Die weitverzweigte königliche Familie aus abertausenden Prinzen und Prinzessinnen eignet sich den Reichtum des Landes auf trickreiche Weise an. Das könnte ihr am Ende zum Verhängnis werden

LONDON rtr | Bei der Heimkehr von einem dreimonatigen Klinikaufenthalt im Ausland hatte der saudi-arabische König Abdullah die Spendierhosen an. Einen Geldsegen von 37 Milliarden Dollar ließ der Monarch vorige Woche auf seine Untertanen regnen. Die Wohltaten sollten die Saudi-Araber wohl davon abhalten, auf der Straße mehr Demokratie zu fordern.

Doch der größte Nutznießer der staatlichen Zuwendungen in dem in Petrodollars schwimmenden Land ist die weit verzweigte königliche Familie. Diesen Schluss lassen Dokumente der US-Botschaft zu, die der Enthüllungsplattform WikiLeaks zugespielt wurden. Den diplomatischen Depeschen ist zu entnehmen, wie etliche der mit üppigen Apanagen ausgestatteten Royals sich zusätzlich bereicherten.

Dazu gehört der Zugriff auf nicht im Haushalt ausgewiesene Finanztöpfe, die von ranghohen Prinzen verwaltet werden. Andere Mitglieder des Königshauses leihen sich Geld bei Banken, ohne es zurückzuzahlen. Deshalb zögerten die zwölf Kreditinstitute des Landes, Geschäfte mit den Prinzen zu machen. Schon 1996 hatten US-Vertreter gewarnt, ein derartiges Verhalten könne irgendwann den saudi-arabischen Eliten auf die Füße fallen. Eine der vorrangigen Aufgaben für das Land sei es, „Exzesse der königlichen Familie in den Griff zu bekommen“. 2007 bescheinigte ein Botschaftsbericht aus Riad, dass König Abdullah einige Missstände abgestellt habe.

Ein Bericht vom November 1996 trägt den Titel „Königlicher Wohlstand in Saudi-Arabien. Wo kommt das ganze Geld her?“ und schildert, wie das System funktioniert. Die staatliche Alimentierung für die nach tausenden zählenden Prinzen und Prinzessinnen fing damals bei 800 Dollar im Monat an. Damit wurden entfernte Verwandte der königlichen Familie bedacht. Dagegen erhielten die überlebenden Söhne von Staatsgründer Abdul-Asis Ibn Saud monatliche Zuwendungen zwischen 200.000 und 270.000 Dollar. Auch Enkel, Urenkel und Ururenkel genossen einen Geldsegen von 27.000 bis 8.000 Dollar. „Boni werden für Hochzeiten und den Bau von Palästen ausgeschüttet“, notierte ein Diplomat.

Beliebt sei bei einigen „gierigen Prinzen“ auch die Methode, sich Land von einfachen Bürgern anzueignen. Dahinter stecke die Absicht, die Immobilien mit Aufschlag für öffentliche Bauvorhaben wieder loszuschlagen.