Gaddafis Truppen verfolgen Rebellen bis nach Tunesien

LIBYEN Schwere Gefechte in tunesischer Grenzstadt Dehiba. USA werfen Gaddafi Viagra-Einsatz vor

„Die tunesische Armee durchkämmt die Stadt“

EIN BEWOHNER VON DEHIBA

DEHIBA/NEW YORK rtr/afp/taz | Der libysche Bürgerkrieg ist erstmals über die Grenze ins Nachbarland Tunesien geschwappt. Streitkräfte des Machthabers Muammar al-Gaddafi überschritten am Freitag mit Panzern den Grenzübergang Dehiba, den Aufständische des Berbervolks vor einer Woche eingenommen hatten, und lieferten sich Gefechte mit Rebellen in der gleichnamigen tunesischen Stadt. Während Granaten auf Häuser in Dehiba fielen, eroberten die Rebellen nach eigenen Angaben den Grenzübergang zurück und schnitten den Gaddafi-Truppen den Rückweg ab. Ihr Schicksal blieb gestern unklar. „Die tunesische Armee durchkämmt die Stadt“, sagte ein Bewohner Dehibas gegenüber Reuters. „Wir haben keine Ahnung, was aus Gaddafis Truppen dort geworden ist, weil die tunesische Armee die Zufahrtswege abgesperrt hat und niemand hineindarf.“

Am Nachmittag wurden aus Dehiba schwere Kämpfe zwischen tunesischen und libyschen Regierungstruppen gemeldet. Tunesischen Berichten zufolge wurden die libyschen Panzerfahrzeuge von empörten Stadtbewohnern mit Steinen beworfen. Es habe zahlreiche Tote und Verletzte gegeben. Die tunesische Regierung sagte, sie sei extrem besorgt und forderte vom libyschen Regime „sofortige Maßnahmen zur Verhinderung solcher Übertritte“ auf tunesisches Gebiet.

Der Grenzübergang bei Dehiba ist die einzige Verbindung zwischen Aufständischen im Westen Libyens und der Außenwelt und ist deswegen besonders hart umkämpft. Mehrere zehntausend Menschen sind vor den eskalierenden Kämpfen in den westlibyschen Bergen nach Tunesien geflohen, allein 5.000 am Mittwoch und Donnerstag. In der nahen Stadt Zenten schlugen Aufständische am Donnerstag einen Angriff zurück.

In der von Gaddafis Truppen belagerten Küstenstadt Misurata vermeldeten die Aufständischen im Stadtzentrum eine neue Offensive der Gaddafi-Truppen am Flughafen. Es habe Tote und zahlreiche Verletzte gegeben.

Die USA warfen Gaddafi vor, Soldaten zur Vergewaltigung von Zivilistinnen anzustiften. Gaddafis Soldaten würden mit Viagra versorgt, damit sie Frauen vergewaltigen könnten, sagte die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Susan Rice, am Donnerstag nach Angaben eines Diplomaten bei einer Sitzung des UN-Sicherheitsrats hinter verschlossenen Türen. Eine Quelle für diesen Vorwurf nannte Rice demnach nicht.