Foltervorwürfe gegen Ägyptens Militär: Militärrat mag die Medien nicht

Ein Blogger und zwei Journalisten werden vor Gericht zitiert, weil sie die neue Führung des Landes kritisiert haben. Die Armee schränkt die Berichterstattung ein.

Proteste gegen den Militärrat auf dem Tahir-Platz in Kairo. Bild: reuters

KAIRO taz | An diesem Dienstag sitzt die Bloggerszene Ägyptens nicht vor dem Computer. Etwa 200 Menschen haben sich auf der staubigen Straße vor dem Militärgerichtsgebäude C28 in Kairos Stadtteil Nasr City versammelt, unter ihnen alle wichtigen Blogger und Medienaktivisten. Das Militär hat den bekannten Blogger und Aktivisten Hossam el-Hamalawy, im Internet 3arabawy, zum Verhör vorgeladen, nachdem er am Donnerstag in einer Fernsehsendung auf OnTV, einem der wenigen unabhängigen Sender, das Militär kritisiert und ihm vorgeworfen hat, Aktivisten gefoltert zu haben.

Um 11 Uhr schreibt er über Twitter: Er betrete jetzt das Gebäude und gebe sein Handy ab. Seither warten draußen die Aktivisten vor zwei Reihen Militärpolizei, filmen sich gegenseitig mit Stellungnahmen, dichten die Slogans der Revolution um: "Das Volk verlangt Pressefreiheit!" Sie alle sind alarmiert, seit die Nachricht von der Vorladung gestern bekannt geworden ist.

El-Hamalawy ist nicht der einzige betroffene Journalist. Auch die Moderatorin der Sendung, Reem Maged, musste an diesem Tag zum Verhör erscheinen, ebenso der Journalist Nabil Sharaf El-Din, der ebenfalls am Donnerstag kritisierte, wie das Militär die Übergangsperiode regiert und ihm einen Deal mit der Muslimbrüderschaft vorwarf.

Während OnTV am Freitag über die Proteste auf dem Tahrir-Platz berichtete, rief Mamdouh Shahine, ein Mitglied des herrschenden Militärrates SCAF, in der Sendung an und beschwerte sich über die Berichterstattung. Er verlangte, dass das Wort "Massen"-Proteste nicht verwendet wird, da nur wenige tausend auf dem Tahrir-Platz seien - obwohl im Hintergrund die Bilder des Platzes, auf dem sich rund 50.000 Menschen versammelt hatten, zu sehen waren.

Die Pressefreiheit, von der Journalisten nach der Revolution schwärmten, ist in den vergangenen Wochen zunehmend unter Druck geraten. Mitte April hat das Militär verfügt, dass jede Berichterstattung über die Armee vorher von dieser genehmigt werden muss. Die Armee ist nun die rote Linie, die die Medien nicht überschreiten dürfen.

Das Internet ist derzeit wieder der einzige Ort, wo der Militärrat unter die Lupe genommen wird. Scharf kritisiert wird unter anderem die Praxis, angeblich aufgrund Zeitmangels und Überlastung der Gerichte, Tausende Zivilisten vor Militärtribunale zu stellen, während der Expräsident Hosni Mubarak und Vertreter seines Regimes vor zivilen Gerichten stehen.

Nach drei Stunden treten El-Hamalawy und Maged unter dem Jubel der Menge aus dem Tor des Gerichtsgebäudes. El-Hamalawy sagt vor Mikrofonen und Kameras: Nein, es habe keine Anklage gegeben, die Offiziere hätten ihn nur befragt, woher er das Material habe, das angebliche Folter dokumentiere und behauptet, es sei gefälscht. "Um Hossam mache ich mir keine Sorgen", hatte am Vorabend eine Bloggerin geschrieben, "aber darum, was das für Auswirkungen auf die freie Meinungsäußerung hat."

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