Erst scheitert die ruandische Technik, dann die deutsche

RUANDA Erste Videovernehmung eines ruandischen Häftlings bei einem deutschen Prozess geplatzt

AUS FRANKFURT ANDREAS KRAFT

Vor dem Tisch, an dem sonst die Zeugen sitzen, steht ein Fernseher. Zu sehen auf dem Bildschirm sind zwei leere Stühle. Sie stehen in Ruandas Hauptstadt Kigali. In wenigen Minuten soll darauf ein ruandischer Zeuge Platz nehmen, um per Videokonferenz im deutschen Prozess gegen den ruandischen Exbürgermeister Onesphore Rwabukombe auszusagen, der für die Ermordung von mindestens 3.730 Tutsi beim Völkermord 1994 verantwortlich sein soll.

Das Oberlandesgericht hätte den Zeugen lieber nach Frankfurt geholt, doch das Bundesjustizministerium wollte ihn nicht per Rechtshilfe laden. Denn derzeit sitzt der Zeuge in Ruanda in Haft. Deutschland könne daher seine Rückkehr nicht garantieren, teilte das Ministerium dem Gericht im April mit. So könne der Zeuge Asyl beantragen.

So will das OLG Frankfurt Zeugen, die in Ruanda in Haft sitzen, per Videokonferenz vernehmen. Doch als der erste Zeuge an diesem Dienstag Platz nimmt, kann man lediglich sein rosafarbenes Hemd erkennen. Sein Gesicht ist verschwommen. Statt eines flüssigen Videos gibt es Standbilder, die alle paar Sekunden wechseln, Ton nur mit Verzögerung.

Die Bandbreite in Ruanda sei zu schlecht für bewegte Bilder, sagt ein BKA-Beamter in Ruanda. „Wir brauchen eine visuelle Wahrnehmung“, sagt dazu der Vorsitzende Richter Thomas Sagebiel. „Wir haben Zweifel, ob eine Vernehmung bei der Qualität der Strafprozessordnung entspricht“, sagt auch Verteidigerin Kersten Woweries. Sagebiel unterbricht die Verhandlung.

In der Pause gelingt es den Technikern, die Bandbreite zu vervierfachen. Doch dann bricht die Verbindung plötzlich ab. Die Techniker fahren die Anlage runter und wieder hoch, ziehen alle Kabel heraus und stecken sie wieder rein. Schließlich finden sie das Problem: Die ISDN-Anlage im Frankfurter Gerichtsgebäude ist abgestürzt.

Denn weil das Land Hessen um die Sicherheit seines Intranets besorgt ist, kann sich das Gericht nicht direkt mit dem öffentlichen Internet verbinden. Stattdessen wählen die Techniker offenbar über eine ISDN-Leitung eine Berliner Firma an.

Sagebiel wartet noch einige Minuten. Dann sagt er die erste Videovernehmung ab. Sollte es beim nächsten Mal kommende Woche auch nicht klappen, wird das Gericht wohl Konsequenzen ziehen. Eine andere Möglichkeit wäre ja, nach Ruanda zu fahren.