Japans Regierende schwenken nach rechts

JAPAN Wegen der Rekordverschuldung und der hohen Kosten des Wiederaufbaus will der künftige Regierungschef Yoshihiko Noda auf einen Sparkurs samt Steuererhöhungen umschwenken

AUS TOKIO MARTIN FRITZ

Finanzminister Yoshihiko Noda hat sich überraschend als neuer Parteichef der regierenden Demokraten (DPJ) in Japan durchgesetzt. Der 54-Jährige besiegte in der Stichwahl Handelsminister Banri Kaieda und verwies auch den beliebten Exaußenminister Seiji Maehara auf die Plätze. Am Dienstag wird Noda zum Nachfolger von Regierungschef Naoto Kan gewählt, der wegen Missmanagements nach der Fukushima-Katastrophe zurücktrat.

Mit Noda schwenkt die ursprünglich eher links orientierte DPJ zur Mitte. Der neue Premier will sich nämlich um eine enge Zusammenarbeit mit der Opposition bemühen, die während des letzten Jahres mithilfe des von ihr kontrollierten Oberhauses Gesetzesvorhaben der DPJ blockierte. „Wir befinden uns im nationalen Notstand“, warnte Noda und begründete dies mit dem Atomdesaster, den Zerstörungen durch Erdbeben und Tsunami und der Wirtschaftskrise. Alle müssten in dieselbe Richtung schreiten. Dafür ist Noda bereit, Eckpositionen der DPJ aufzugeben.

Bislang setzte die DPJ darauf, die Wirtschaft durch höhere Sozial- und Staatsausgaben anzukurbeln und zugleich die Verschwendung von Steuergeldern zu stoppen. Da beides nicht richtig gelungen ist, möchte Noda nun einen Sparkurs einschlagen. Es sei ein Betrug, den nächsten Generationen Schulden zu hinterlassen, zitierte er vor Kurzem den einstigen US-Präsidenten Thomas Jefferson. Laut Noda hat Japan diesen Betrug in nationalem Maßstab begangen. Den Wiederaufbau der Tsunami-Gebiete möchte er über höhere Steuern begleichen.

Außer durch Eingriffe am Devisenmarkt gegen den starken Yen war der blass wirkende Noda kaum aufgefallen. Er tat Kans Ankündigung, aus der Atomenergie auszusteigen, als „Traum eines Einzelnen“ ab. Aber auch Noda will keine neuen AKWs mehr bauen. Abgeschaltete Meiler sollen aber nach Sicherheitsprüfungen wieder ans Netz gehen.

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