UN-Bericht zu Afghanistan: Das tödlichste Jahr für die Bevölkerung

Die meisten der über 3.000 Opfer gehen auf das Konto der Aufständischen. Dramatisch gestiegen ist die Zahl der Selbstmordanschläge. Die Nato soll Luftangriffe "überprüfen".

Selbstmordanschläge sind so normal im Kabuler Alltag. Bild: reuters

KABUL afp | Für afghanische Zivilisten war das vergangene Jahr das tödlichste seit dem Sturz der Taliban vor zehn Jahren. Die Vereinten Nationen verzeichneten 2011 insgesamt 3021 zivile Opfer - 8 Prozent mehr als 2010, wie die UN-Mission in Afghanistan (Unama) am Samstag mitteilte. Die Aufständischen waren demnach für den Tod von gut fünfmal mehr Zivilisten verantwortlich als die afghanischen und ausländischen Truppen.

2.332 Zivilisten, also mehr als drei Viertel, wurden den Angaben zufolge von den Taliban oder anderen Gruppen getötet, 14 Prozent von Soldaten der Nato oder der afghanischen Armee. Bei 9 Prozent sei eine Zuordnung nicht möglich gewesen, heißt es in dem Bericht, den die Unama seit 2007 jährlich herausgibt. Die Zahl der zivilen Todesopfer war seitdem jedes Jahr gestiegen, insgesamt starben seit 2007 mehr als 11.800 Menschen.

Durch Detonationen selbstgebauter Sprengsätze, der am häufigsten eingesetzten Waffen der Aufständischen, wurden dem Bericht zufolge im vergangenen Jahr 967 Zivilisten getötet. Bei Luftangriffen, die bereits mehrfach zu Spannungen zwischen der Nato und der Regierung in Kabul führten, starben demnach 187 afghanische Zivilisten - 9 Prozent mehr als 2010. Die Zahl der Todesopfer bei den besonders umstrittenen nächtlichen Angriffen ging dagegen um 22 Prozent auf 63 zurück.

"Dramatisch gestiegen" ist dem UN-Bericht zufolge die Zahl der zivilen Opfer durch Selbstmordanschläge. Demnach wurden dabei im vergangenen Jahr 450 Zivilisten getötet - 80 Prozent mehr als 2010. Die afghanischen Zivilisten zahlten schon "viel zu lange" den "höchsten Preis des Krieges", erklärte Unama-Chef Jan Kubis. Er appellierte an alle Konfliktparteien, ihre Bemühungen zum Schutz von Zivilisten zu verstärken. Die Nato-Truppen sollen insbesondere ihre Luftangriffe überprüfen.

Eine Sprecherin der Nato-geführten Afghanistantruppe Isaf sagte zu dem UN-Bericht, jeder Tod eines Zivilisten sei "eine Tragödie". Sie verwies zugleich aber darauf, dass ein Großteil der zivilen Todesopfer in Afghanistan auf das Konto der Taliban gehe. Die Isaf habe im vergangenen Jahr 18 Prozent weniger Zivilisten getötet als 2010 - und sogar 27 Prozent weniger als 2009.

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