Ein starkes Zeichen gegen die Gewalt in Syrien

SYRIEN Auf einer Konferenz in Tunis fordern rund 70 Staaten und Organisationen eine sofortige Waffenruhe und die Versorgung der Bevölkerung mit Hilfsgütern. Kofi Annan als neuer UN-Sondergesandter für Syrien bestellt. Dutzende von Toten in Homs und Hama

Seit Beginn der Proteste im März 2011 wurden mehr als 7.000 Menschen getötet

TUNIS/BEIRUT dpa/rtr/taz | Mit der Androhung scharfer Sanktionen und einer Anerkennung der Opposition erhöht die Staatengemeinschaft den Druck auf die Regierung von Präsident Baschar al-Assad in Syrien. Die Gruppe der „Freunde Syriens“ mit etwa 70 Ländern und Organisationen forderte die Machthaber am Freitag auf ihrer Konferenz in Tunis zum sofortigen Gewaltverzicht auf. Anderenfalls werde es Verschärfungen auf wirtschaftlicher, diplomatischer und politischer Ebene geben, heißt es in der Abschlusserklärung. An dem Treffen in Tunis nehmen unter anderem US-Außenministerin Hillary Clinton, Bundesaußenminister Guido Westerwelle und deren Kollegen aus der Türkei, Saudi-Arabien und Jordanien teil. Russland und China boykottieren das Treffen.

In der Erklärung wird der oppositionelle Syrische Nationalrat (SNC) als „ein legitimer Repräsentant“ des syrischen Volkes anerkannt. Eine völkerrechtliche Anerkennung bedeutet dies noch nicht. Der SNC soll aber „praktische Hilfe“ für seinen weiteren Aufbau bekommen. Der SNC selbst bat die „Freundesgruppe“ darum, auch Waffenlieferungen und Hilfe durch Militärberater zu prüfen. In der Abschlusserklärung wird auch freier Zugang für internationale Organisationen zu belagerten Städten wie Homs oder Hama verlangt. Die Teilnehmer stimmten auch darin überein, alle Vorbereitungen zu treffen, um binnen 48 Stunden mit medizinischer Hilfe, Essen und Treibstoff vor Ort zu sein – vorausgesetzt, das Assad-Regime stoppt seine Angriffe. Vor dem Tagungshotel demonstrierten mehrere hundert Anhänger des syrischen Regimes mit Plakaten von Assad.

Auch der frühere UN-Generalsekretär und Friedensnobelpreisträger Kofi Annan kündigte nach seiner Ernennung durch die Arabische Liga und die Vereinten Nationen an, sich für ein Ende der Menschenrechtsverletzungen in Syrien einsetzen zu wollen. „Ich fühle mich geehrt, in der Syrienkrise die Aufgabe des Sondergesandten annehmen zu dürfen“, teilte der 73-jährige Annan mit. Vor allem soll er seine Autorität gegenüber China und Russland geltend machen.

Ungeachtet dessen griffen die Truppen des Regimes am Freitag erneut Wohngebiete an. Am Freitag seien bis zum Mittag 45 Menschen getötet worden, meldeten Aktivisten. Die meisten von ihnen starben den Angaben zufolge in Hama und Homs. Am Donnerstag sollen landesweit 101 Menschen getötet worden sein. Seit Beginn der Proteste im März 2011 wurden nach Schätzungen bereits mehr als 7.000 Menschen getötet. Über 20.000 Syrer sind in Nachbarländer geflohen.Tausende von Syrern demonstrierten am Freitag unter dem Motto: „Baba Amro, wir werden für dich aufstehen.“ Das Viertel Baba Amro in Homs wird seit drei Wochen von der Armee mit Artillerie beschossen. In der Provinz Hama soll ein syrischer Brigadegeneral am Freitag mit mehreren Soldaten seiner Einheit desertiert sein. Aktivisten aus der Provinz Hama berichteten, die Deserteure hätten sich bei ihrer Flucht ein Gefecht mit der Armee geliefert.

Zahlreiche Organisationen haben an die neue Syrien-Kontaktgruppe appelliert, eine gemeinsame Strategie für ein Ende der Gewalt in Syrien zu entwickeln. Den Aufruf hätten 144 vorwiegend arabische Gruppierungen unterzeichnet, teilte die Menschenrechtsorganisation Crisis Action am Donnerstag in Berlin mit. Den Appell unterzeichneten internationale Organisationen wie Human Rights Watch und Reporter ohne Grenzen sowie Menschenrechtler aus mehreren arabischen Staaten. GB