Schwere Explosion in Hama

SYRIEN Widersprüchliche Angaben über Opfer und Ursache der Zerstörungen. Nationalrat fordert Krisensitzung des Sicherheitsrats

Frankreich bringt militärisches Eingreifen ins Spiel, falls der Annan-Plan scheitert

BEIRUT/BERLIN dapd/afp/taz | Das Regime und die Opposition in Syrien haben sich am Donnerstag gegenseitig für eine gewaltige Explosion in der Stadt Hama verantwortlich gemacht, bei der mehrere Häuser völlig zerstört wurden. Die Zahl der Toten wurde von Aktivisten laut der britischen BBC mit 70 angegeben, Nachrichtenagenturen nannten 50 Tote, staatliche Medien sprachen von 16 Toten.

Nach der Explosion stellten Aktivisten ein Video ins Internet, das einen Ort der Zerstörung sowie Personen zeigt, die Tote aus den Trümmern bergen. Aufgrund der Beschränkungen der Berichterstattung war es nicht möglich, die Angaben von unabhängiger Seite zu überprüfen.

Staatlichen Medien zufolge kam es zu der Explosion, weil Aufständische falsch mit Sprengstoff umgegangen seien. Ein Haus sei als „Bombenfabrik“ von „bewaffneten terroristischen Gruppen“ genutzt worden. Das staatliche Fernsehen zeigte Bilder von verletzten Kindern in einem Krankenhaus.

Nach Angaben von Aktivisten wurde die Explosion – oder die Explosionsserie – durch Beschuss seitens der Regierungstruppen ausgelöst. Angesichts des Ausmaßes der Zerstörung wurde in diesen Kreisen auch darüber spekuliert, ob eine Scud-Rakete eingesetzt worden sei.

Die Aktivisten waren sich über den Hergang der Explosion nicht gänzlich im Klaren. Laut den örtlichen Koordinationskomitees hatten Regierungstruppen die Gegend „lange Zeit“ beschossen. Das Syrische Observatorium für Menschenrechte erklärte hingegen, es sei unklar, worauf die Explosion zurückzuführen sei. Zunächst hatte auch das Observatorium unter Berufung auf Augenzeugen erklärt, die Explosion sei direkt durch den Beschuss Hamas ausgelöst worden.

Der Leiter der Organisation, Rami Abdul Rahman, drängte die UN-Beobachter dazu, die Hintergründe der Explosion zu untersuchen. In Hama sind zwei Mitglieder der Mission stationiert. Derzeit befinden sich 15 Beobachter in Syrien, die Mission soll auf 300 aufgestockt werden.

Angesichts der anhaltenden Gewalt in Syrien hat der oppositionelle Syrische Nationalrat (SNC) am Donnerstag eine Krisensitzung des UN-Sicherheitsrats gefordert. Der SNC kritisierte in einer Erklärung das „Schweigen“ der internationalen Gemeinschaft. Zwei Wochen nach dem offiziellen Beginn einer Waffenruhe sei keine der Forderungen des Friedensplans des Syrien-Sondergesandten Kofi Annan erfüllt worden.

Die französische Regierung brachte am Mittwoch die Möglichkeit eines militärischen Eingreifens durch die UNO ins Spiel. Außenminister Alain Juppé sagte nach einem Treffen mit syrischen Oppositionellen in Paris, der UN-Sicherheitsrat sollte den Einsatz von Waffengewalt in Erwägung ziehen, wenn der von Annan ausgehandelte Friedensplan scheitere. B.S.