Kiezstudie: Neukölln mies, Buschkowsky gut

Neukölln ist so schlecht wie sein Ruf. Zu diesem Ergebnis kommt einer neue Studie des Soziologen Hartmut Häußermann. Neuköllns Bürgermeister Buschkowsky freut sich, weil er wieder mal mehr Geld verlangen kann.

Neukölln ist so arm wie sein Ruf. Das ist das Ergebnis eines so genannten Entwicklungsgutachtens der Humboldt-Universität (HU), mit dem der Soziologe Hartmut Häußermann Nord-Neukölln mit ganz Berlin verglichen hat. Für Neuköllns Bürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) ist das einmal mehr Anlass, Alarm zu schlagen. Er fordert elf Millionen Euro für Bildungseinrichtungen in Nord-Neukölln. Das Gutachten stellten Buschkowsky und Häußermann gestern im Neuköllner Rathaus vor.

"Es bestätigt sich der Verdacht, dass wir in Nord-Neukölln eine überdurchschnittlich hohe Problemkonzentration in den Bereichen Arbeitslosigkeit, Armutsniveau und Bildung haben", sagte Häußermann. Neu ist das Ergebnis freilich nicht. Vielmehr bestätigt es den Trend einer Studie, die Häußermann bereits im Juli vorgelegt hatte.

Darin hatte die Humboldt-Uni belegt, dass sich die soziale Situation in Neukölln verschärft. Laut Buschkowsky sei im Juli der Vorwurf erhoben worden, Neukölln suhle sich in Selbstmitleid und anderen Bezirken gehe es nicht anders. Die neue Studie liefert nun explizite Vergleiche zu anderen Stadtteilen. Untersucht wurden unter anderem Sozialdaten wie der Anteil der Arbeitslosen und Hartz IV Empfänger unter der Bevölkerung.

"Es fällt besonders auf, dass Nord-Neukölln an der im allgemeinen positiven Entwicklung der Berliner Arbeitslosigkeit keinen Anteil hat", kommentiert Häußermann die Ergebnisse der Studie. Die Kinderarmut überschreite in bestimmten Bereichen 70 Prozent. Aufwertungsprozesse in anderen Stadtteilen, wie zum Beispiel Kreuzberg, führten zu einer Verlagerung der sozialen Probleme nach Nord-Neukölln und damit einer doppelt so hohen Problemdichte wie in der gesamten Stadt.

Laut der Studie leben in Nord-Neukölln 4,6 Prozent der Berliner Bevölkerung, aber 7,6 Prozent aller Arbeitslosen und sogar 14,5 Prozent aller nichtdeutschen Arbeitslosen. "Die ganze Situation verfestigt sich zusätzlich durch einen kontinuierlichen Zuzug von Arbeitslosen", sagt Häußermann.

Als Konsequenz aus der Studie fordert der Bezirksbürgermeister nun massive Investitionen in Bildungseinrichtungen. Fünf Millionen sollen in Baumaßnahmen gehen, sechs Millionen in die Aufstockung von Personal. "Ziel ist es, alle Grundschulen in Ganztagsschulen umzuwandeln und mit Schulstationen auszustatten." Lesepaten und kleinere Spenden könnten die Defizite einfach nicht mehr ausgleichen.

"Wenn wir die Entwicklung positiv beeinflussen wollen, dann geht das nur über Bildung," erklärt Buschkowsky seine Konzentration auf Grundschulen. Die gerade 18-jährigen seien für ihn bereits eine Lost-Generation.

Das erste Gutachten hat bislang zu keinen erkennbaren Entwicklungen geführt. "Der Fortschritt ist eine Schnecke", kommentiert Buschkowsky die letzten Monate. Von der neuen Studie erhofft er sich nun stärkeren Rückenwind. "Die Fakten sind klar. Jetzt geht es um eine politische Prioritätenfrage - das müssen wir der Landesregierung klar machen."

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.