„Parteien dürfen parteiisch sein“

Der NPD kann man ihren Rassismus schwer verbieten, sagt der Parteienrechtler Martin Morlok. Die Bezirke können auch kaum Parteitage der Neonazis in ihren Räumlichkeiten verhindern. Ein paar Tricks gebe es aber trotzdem

taz: Herr Morlok, warum können die Bezirke nicht frei entscheiden, an welche Parteien sie ihre Räume vermieten?

Martin Morlok: Das Parteiengesetz schreibt vor, dass der Staat alle Parteien gleich behandeln muss. Egal, wie groß oder klein sie sind oder ob sie im Parlament vertreten sind oder nicht. Die Bezirke haben also zwei Möglichkeiten: Sie schließen ihre Räume für alle Parteien. Oder sie vermieten sie an alle Parteien.

Selbst an die NPD, obwohl die vom Verfassungsschutz beobachtet wird?

Die Entscheidung, ob eine Partei gegen die Verfassung verstößt und verboten wird, darf nur das Bundesverfassungsgericht treffen. Bis dahin müssen alle gleichbehandelt werden. Wenn die anderen Parteien, also die direkten Konkurrenten, diese Entscheidung treffen, dann könnte das missbraucht werden, um jede kleine Partei zu behindern.

Der Bezirk Reinickendorf will seine Räume nur noch an die Bezirksverbände der Parteien vermieten, nicht aber an die Bundes-NPD für deren Bundesparteitag. Geht das?

Das ist nach meiner Ansicht zulässig – wenn es für alle Parteien gilt und nicht nur für die NPD.

Andere Bezirke vermieten ihre Räume an alle Parteien – aber nur unter der Bedingung, dass bei den Veranstaltungen keine rassistischen Äußerungen fallen dürfen. Auch das müssen alle unterschreiben, es richtet sich aber ganz klar gegen die NPD.

Das ist grenzwertig. Man dürfte in so einem Vertrag lediglich vorschreiben, dass die Partei in den Räumen nicht gegen geltende Gesetze verstoßen darf, also zum Beispiel den Holocaust leugnen. Aber „Rassismus“ ist nicht klar definiert und nicht immer verboten. Es ist problematisch, einer Partei Äußerungen zu untersagen, die nicht verboten sind – selbst wenn es sich um Äußerungen handelt, die die Mehrheit abscheulich findet. Aber Parteien dürfen parteiisch sein.

Die NPD tagt gerne unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Dürfen die Bezirke verlangen, dass alle Veranstaltungen in ihren Räumen öffentlich sein müssen und damit die NPD vergrätzen?

Auch das geht, wenn es für alle Parteien gilt. Man kann ja argumentieren, dass das öffentliche Räume sind und dann auch alle Bürger die Möglichkeit haben müssen, daran teilzunehmen. Ich finde ohnehin, dass im Parteiengesetz festgelegt werden sollte, dass Parteitage immer öffentlich sein müssen.

INTERVIEW: SEBASTIAN HEISER