Klimaschutz: Lompscher wird Umweltsenatorin

Formal leitet Katrin Lompscher seit zweieinhalb Jahren die Umweltverwaltung. Doch erst jetzt dreht sie richtig auf: Mit ihren Ideen für ein Klimaschutzgesetz würde Berlin zur grünsten Stadt der Republik.

Wenn die Berliner Energie sparen, geht es auch den Eisbären in Kanada besser. Bild: AP

Erster Entwurf: Das Klimaschutzgesetz ist bisher ein erster Entwurf der Senatsverwaltung für Umwelt. Jetzt können alle anderen Senatsverwaltungen ihre Vorschläge zu dem Gesetz an die Umweltverwaltung schicken. Anschließend werden Umwelt- und Wirtschaftsverbände beteiligt.

Parlament: Nachdem der Senat den Entwurf beschlossen hat, beraten die Abgeordneten darüber in ihren Fachausschüssen. Die endgültige Entscheidung fällt bei einer Abstimmung im Plenum - voraussichtlich irgendwann im kommenden Jahr.

Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Linkspartei) will Behörden, Unternehmen und Privatpersonen zu mehr Klimaschutz verpflichten. Der erste Entwurf eines entsprechenden Gesetzes, der der taz vorliegt, macht dazu vor allem Vorgaben für das Beheizen von Häusern. Das Gesetz würde dazu führen, dass viele Eigentümer ihre Häuser besser dämmen oder in klimafreundliche Heizanlagen investieren.

Es soll Hauseigentümer verpflichten, zumindest teilweise mit erneuerbaren Energien zu heizen oder das Klima auf anderem Wege zu schützen. Die Pflicht soll für alle Häuser mit mehr als 50 Quadratmetern gelten, wenn die Heizungsanlage älter als zehn Jahre ist und ohnehin gerade erneuert wird - oder wenn die Heizung älter als 20 Jahre ist. Dies trifft auf die Mehrheit der Häuser in Berlin zu.

Der Entwurf lässt den Hauseigentümer viele verschiedene Möglichkeiten, ihrer Klimaschutzpflicht nachzukommen. Zum Beispiel können sie ihr Haus so gut dämmen, dass es Neubau-Standards erfüllt. Oder es an das Fernwärmenetz anschließen. Oder über einen Wärmetauscher die warme Abluft nutzen. Oder zu mindestens 50 Prozent mit Geothermie, Pflanzenöl, Holz-Pellets oder einer hocheffizienten dezentralen Kraft-Wärme-Kopplungsanlage heizen. Oder Sonnenkollektoren auf dem Dach installieren. Ein Einfamilienhaus mit 125 Quadratmetern Wohnfläche muss über einen Sonnenkollektor von fünf Quadratmetern Wasser zum Heizen und Duschen erwärmen. Ein Bürogebäude mit 5.000 Quadratmetern braucht 100 Quadratmeter Kollektorfläche.

Natürlich kann man auch mehrere dieser Mittel kombinieren. Und es soll sogar einen Zertifikatehandel geben: Wer das Klima stärker schützt als vorgeschrieben, kann sich dies bescheinigen lassen und das Zertifikat an Hausbesitzer weiterverkaufen, die noch nicht so weit sind. Wer nichts von alledem macht, muss mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro rechnen. Alle Vorgaben gelten auch für öffentliche Gebäude. Behörden und landeseigene Unternehmen sollen sogar noch ein zusätzliches "Energiemanagement und -controlling" einrichten, um weitere Energiesparmöglichkeiten auszumachen.

Laut EU-Kommission ist der Gebäudesektor für rund 40 Prozent des Energieverbrauchs und der Emissionen des Klimakillers Kohlendioxid verantwortlich. Und gerade hier gibt es "ein erhebliches, nicht ausgeschöpftes Potenzial für kostenwirksame Energieeinsparungen", so die Kommission.

Um die Sanierung von Gebäuden zu erleichtern, will Lompscher festlegen, dass Klimaschutz vor Denkmalschutz geht. Häuser, die unter Denkmalschutz stehen, dürfen nur verändert werden, wenn es dafür ein überwiegendes öffentliches Interesse gibt. Der Gesetzentwurf legt nun fest, dass der Klimaschutz solch ein Interesse ist. Voraussetzung für die Sanierung bleibt indes, dass das Aussehen des Hauses "nicht erheblich beeinträchtigt wird".

Zudem sollen die Heizkosten besser im Mietspiegel berücksichtigt werden. Das soll es den Hauseigentümern erleichtern, die Kosten für die neue Dämmung eines Hauses auf die Mieter umzulegen - schließlich profitieren diese ja auch von den gesunkenen Heizkosten. Der Gesetzentwurf verbietet zudem den Einbau von Nachtspeicherheizungen. Und Klimaanlagen dürfen nur noch dann in Wohnungen oder Büros eingebaut werden, wenn sich die Kühlung nicht auch durch einen Sonnenschutz an den Fenstern oder eine bessere Lüftung erreichen lässt.

Das ist noch nicht alles: Lompscher will auch Heizpilze verbieten - sowohl in Straßencafés als auch auf der Privatterrasse. "Das Beheizen von Örtlichkeiten außerhalb von Gebäuden ist verboten", heißt es in Paragraf 7. Ausnahmen gibt es etwa für Bauarbeiter im Winter oder für Marktstände. Wer allerdings vor dem Beschluss über das Gesetz noch einen Heizpilz kauft, soll ihn zwei Jahre lang benutzen dürfen. Langfristig sollen auch die meisten mit Gas betriebenen Straßenlaternen durch Stromlaternen ersetzt werden.

Michael Schäfer, Klimaschutzpolitiker der Grünen im Abgeordnetenhaus, ist begeistert: "Das ist in seinen Grundlinien ein sehr ehrgeiziger Gesetzentwurf und ein Vorbild für alle Bundesländer." Man müsse aber auch das Personal stärken: "Die Vorschriften nützen nur dann etwas, wenn man sie auch kontrolliert - und das klappt bei den jetzt schon bestehenden Richtlinien zum umweltgerechten Hausbau viel zu schlecht."

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