KOMMENTAR VON SEBASTIAN HEISER
: Eine bittere Bilanz

Wer heute schlecht verdient, erhält im Alter nur eine Minirente

Der Senat darf zu Recht darauf hoffen, dass die Wirtschaftskrise diese Stadt nicht so stark treffen wird wie andere Regionen. Ist ja auch klar: Berlin hat keine großen Banken, hier hat kein DAX-Konzern seinen Hauptsitz, die Industrie spielt eine untergeordnete Rolle. Dagegen ist der Dienstleistungssektor in Berlin stärker – und der ist weniger krisenanfällig. Berlins Wirtschaft wird also trotzdem schrumpfen, aber eben etwas weniger als im Rest der Republik.

Aber ist das ein Trost? Keinesfalls! Schließlich hat die Struktur der Berliner Wirtschaft auch viele Nachteile. Die Teilung der Stadt und die Flucht der wirtschaftlichen Elite vor dem befürchteten Aufeinandertreffen von Ost und West haben Berlin zu einer armen Stadt gemacht. Das spüren auch die Beschäftigten, wie der Wirtschafts- und Arbeitsmarktbericht des Senats zeigt. Jeder dritte Berliner, der einen festen und sozialversicherungspflichtigen Job hat, verdient damit weniger als 900 Euro netto pro Monat. 110.000 Berliner können von ihrem Job nicht leben, sondern müssen zusätzlich Hartz IV beantragen. Diese Zahlen erschrecken. Und es bleibt auch langfristig ein Problem: Wer heute schlecht verdient, erhält im Alter nur eine Minirente.

Die Freude darüber, dass die Wirtschaftskrise weniger hart durchschlägt, ist also berechtigt, aber banal. Denn in Berlin ist immer Krise.