Kommentar zur Krise bei Fußballern: Hertha weckt zu wenig Emotionen

Bei Hertha bleibt die Führungsriege trotz sportlicher Misere im Amt. Eine vereinsinterne Revolte hätte auch nicht der Stimmung in der Stadt entsprochen: Dort löst die Misere des Fußball-Bundesligisten soviel Betroffenheit aus wie ein umfallender Sack Reis in China

sie bleiben also im Amt, die Verantwortlichen bei Hertha. Trotz der miserablen Leistung und dem letzten Platz der Bundesliga-Kicker. Nicht mal jeder Fünfte wollte die Führungsriege abwählen. Das überrascht nur auf den ersten Blick. Ein großer Kehraus käme zu überraschend in einer Stadt, in der die Misere des höchstklassierten Fußballklubs so viel Interesse weckt wie der Sack Reis, der in China umfällt.

Natürlich gibt es Fans, die ehrlich betroffen sind. Aber die fallen kaum auf in dieser 3,4-Millionen-Stadt, in der auch die Basketballer von Alba und die Eishockeyspieler der Eisbären um Fans buhlen. Auch im Sportmarketing Berlins spielt der Verein keine herausgehobene Rolle.

Hertha schafft es nicht, auch nur annähernd solche Emotionen zu wecken wie Borussia Dortmund oder Schalke 04. In Dortmund kann der BVB eine halbe Saison schlecht spielen, und trotzdem füllen regelmäßig über 70.000 Zuschauer das Stadion. Und als der Lizenzentzug drohte, war das ein Politikum ersten Ranges. Die Verehrung des BVB nimmt teilweise religiöse Züge an.

Es liegt nicht allein daran, dass Berlin als Hauptstadt der Atheisten gilt, dass in Dom und Hedwigs-Kathedrale wohl keine Kerzen mit Stoßgebeten für Hertha angezündet werden. Die Misere bringt weniger zum Verzweifeln als zum Witzeln: "Will man Hertha oben sehn, muss man die Tabelle drehn." Einen Ausweg bietet nur der Erfolg: Mit Siegern identifiziert man sich dann doch gern. In der Politik nennt man das projektorientierte Förderung. Struktureller Rückhalt sieht aber anders aus.

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