Kiezförmige Abschottungen dominieren

FREMDENFEINDLICHKEIT Die vom Land bezahlten Programme gegen Rechtsextremismus sind vorbildlich. Doch mit mehr Austausch zwischen den Kulturen ließe sich die Fremdenfeindlichkeit noch besser bekämpfen

Das Land Berlin ist vorbildlich bei der Bekämpfung von Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus. Zu diesem Ergebnis kommt die Evaluation des entsprechenden Landesprogramms, die Roland Roth, Professor für Politikwissenschaften an der Fachhochschule Magdeburg, und Frank Gesemann, Leiter des Büros Migration & Stadtentwicklung, am Donnerstag im Integrationsausschuss des Abgeordnetenhauses vorstellten. In dem Bericht heißt es, die Berliner Leitprojekte „verfügten über differenzierte und fundierte konzeptionelle Ansätze und zeichnen sich durch eine große Leistungsfähigkeit aus“.

Das Land fördert etwa die Projekte „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“, das Anne-Frank-Zentrum oder die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus. Diese Projekte böten „vielfältige Informationen und Dienstleistungen sowohl für die demokratische Zivilgesellschaft als auch für staatliche Institutionen“, heißt es in dem Bericht.

Die Wissenschaftler kritisieren dagegen, dass „die Sichtbarkeit der Projekte in der Öffentlichkeit noch verbessert werden kann“, wie Roth sagte. Die Programme sollten auch früher einsetzen – Kitas und Grundschulen seien „von größerer Bedeutung, als konzeptionell bisher eingeräumt wird“. Eine besondere Chance sieht Roth in interkulturellen Begegnungen: Wenn Personen aus unterschiedlichen Kulturen sich auf Augenhöhe begegnen, trage das erheblich zum Abbau von Vorurteilen und Fremdenfeindlichkeit bei. Dies sei durch zahlreiche Untersuchungen belegt. Unter guten Voraussetzungen könne daher auch der zusätzliche Zuzug von Migranten zum Abbau von Fremdenfeindlichkeit beitragen.

Diese Chancen werden in Berlin aber noch zu wenig genutzt. „Kiezförmige Abschottungen scheinen zu dominieren“, obwohl die kulturelle Vielfalt der Stadt viele Gelegenheiten zum Austausch ermögliche – etwa durch Partnerschaften von Kitas und Schulen oder die Zusammenarbeit mit Migrantenorganisationen.

Integrationssenatorin Carola Bluhm (Linke) sagte, Berlin brauche den Vergleich mit anderen Bundesländern nicht zu scheuen. Die Grünen-Abgeordnete Clara Herrmann, Sprecherin für Strategien gegen Rechtsextremismus, forderte, es müssten mehr Projekte in die dauerhafte finanzielle Förderung übernommen werden. Auch die CDU-Abgeordnete Emine Demirbüken-Wegner kritisierte, das Land nutze noch nicht alle seine Möglichkeiten. SEBASTIAN HEISER