NPD-Führung vor Gericht: "Bestürzt und gekränkt"

Wegen Volksverhetzung steht die NPD-Chefriege in einem Berufungsprozess vor Gericht. In einem WM-Planer hatte sie den Fußball-Nationalspieler Patrick Owomoyela beleidigt.

Spielt heute im gelben Trikot: Patrick Owomoyela im Zweikampf mit Michael Ballack bei einem Bundesligaspiel zwischen Borussia Dortmund und Bayer Leverkusen Bild: dpa

Nimmt man das Publikum im Landgericht, ist es um die NPD nicht gut bestellt. Nur eine handvoll Sympathisanten älteren Semesters hat sich am Mittwoch in den Zuhörerreihen im Saal 500 eingefunden. Auf der Anklagebank aber sitzt die Führungsriege der Neonazi-Partei: NPD-Chef Udo Voigt, sein Vize und Leiter der Rechtsabteilung Frank Schwerdt, sowie Geschäftsführer und Pressesprecher Klaus Beier.

Vor knapp zwei Jahren saßen sie schon einmal hier. Wegen Volksverhetzung und Beleidigung waren sie im April 2009 vom Amtsgericht Tiergarten zu Geld- und mehrmonatigen Bewährungsstrafen verurteilt worden. Auf einem von Voigt, Schwerdt und Beier verantworteten NPD-Planer zur Fußballweltmeisterschaft 2006 war ein Nationalmannschaftstrikot mit der Nummer 25 abgebildet, daneben der Spruch: "Weiß - Nicht nur eine Trikotfarbe - Für eine echte Nationalmannschaft". Die 25 trug damals der dunkelhäutige Nationalspieler Patrick Owomoyela. Das Gericht wertete das als rassistische Verunglimpfung. Die NPDler legten Berufung ein.

Er wisse nicht, was er hier soll, meckert NPD-Chef Udo Voigt am Mittwoch zum Auftakt der Berufungsverhandlung - und laviert. Der Planer habe lediglich eine "weiße Weste" im Finanzgebaren des Profifußballs anmahnen wollen, so der 58-Jährige. Dann aber verlangt er, dass sich "unser Volk" in der Nationalelf widerspiegeln müsse. Owomoyela aber sei auf dem Planer gar nicht abgebildet, versichert Voigt. Dieser könne auch gar nicht gemeint sein: Schließlich habe Owomoyela eine deutsche Mutter und "deutsches Blut in sich" - und damit das Recht in der Nationalelf zu spielen, so Voigt.

NPD-Geschäftsführer Beier springt Voigt bei. Auf dem Planer sei eigentlich Ex-Nationalspieler Sebastian Deisler abgebildet. Und bei der Kampagne sei es um "Ehre, Kampf und Teamgeist" gegangen. "Auch um Hautfarbe?", fragt Christian Schertz, Anwalt von Owomoyela und dem Deutschen Fußballbund, die als Nebenkläger hier sind. Beier stockt, murmelt: "Auch um Hautfarbe."

Erfolglos fordern die NPD-Anwälte die Einstellung des Verfahrens. Voigts Verteidiger fuchtelt nervös mit den Armen, wettert gegen den Oberstaatsanwalt. Er verbitte sich das "Anpöbeln", kontert der. Als die Verteidiger die Anhörung von Owomoyela verhindern wollen, lässt sie die Richterin abblitzen.

"Bestürzt und gekränkt" habe ihn die NPD-Kampagne, sagt Patrick Owomoyela kurz darauf als Zeuge aus. Bis zu dem Vorfall seien ihm persönliche rassistische Beleidigungen erspart geblieben. Danach aber sei er in E-Mails angefeindet worden, "bis hin zum Absprechen meiner Daseinsberechtigung", so der 31-Jährige. Der in Deutschland geborene Sohn eines Nigerianers und einer Deutschen spielt heute bei Borussia Dortmund. Als "unerträglich" bezeichnet Owomoyelas Anwalt den NPD-Planer. Es gebe keine andere Auslegung, als eine rassistische. Anders mache der Spruch "Weiß - Mehr als eine Trikotfarbe" keinen Sinn.

Voigt, Beier und Schwerdt wiegeln ab: Man habe Owomoyela vor Veröffentlichung des WM-Planers gar nicht gekannt. Der Prozess solle nur die NPD mundtot machen. Das Trio ist eingespielt, führt zusammen die Partei. Als die Richterin nach ihren Wohnorten fragt, geben alle drei die NPD-Zentrale in Köpenick an. "Ich hab' da ein Zimmer", erklärt Voigt. Mittwoch müssen die drei Bewohner der Nazi-WG zum nächsten Prozesstag. Ein Urteil wird für den 16. März erwartet.

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