… DIE WERBUNG?
: Rätsel aufgeben

Als die moderne Werbung noch in den Kinderschuhen steckte, raunte man von „geheimen Verführern“. Darüber lächeln wir heute: Geheim ist an der Anbaggerei nichts mehr – nur bisweilen ihr Sinn. Manche Motive überzeugen auf den ersten, andere auf den zweiten Blick. Wieder andere begreift man auch nach dem zehnten nicht. Hier ein paar aktuelle Beispiele:

Fall 1: „Je sauberer du bist, desto schmutziger wird’s“, bewirbt eine Kosmetikfirma ihr Duschgel auf Plakaten. Botschaft und Adressat sind glasklar: Auch wenn eine junge Frau mit losem Bikinioberteil abgebildet ist – diese Werbung zielt direkt zwischen die Beine männlicher Betrachter.

Fall 2: „Berlin ist, wenn du nie genau weißt, ob du in oder out bist“, verspricht Springers Morgenpost auf einem Motiv ihrer gar nicht mal üblen Anzeigenkampagne. Zu sehen ist ein Jungmann im schockbunten 80er-Jahre-Trainingsanzug, der offenbar glaubt, den heißesten Scheiß spazieren zu führen – während der Bierbauchberliner auf dem Balkon im Hintergrund denselben Look trägt, nur unironisch. Die Botschaft ist subtiler, leuchtet aber ein. Nur: Verstehen Morgenpost-Leser diesen Humor?

Fall 3: Jetzt wird’s kraus. „Meine Frau kommt früher. Mit dem Auto wäre das nicht passiert.“ Findet ein mit grimmiger Jack-Nicholson-Miene Dreinblickender auf einer BVG-Werbung für die Initiative „Service 2.011“. Gut, die Ursprungsidee ist klar, wenn auch auf absurde Weise anmaßend: Weil die U-Bahn jetzt Sonntagnachmittags alle 5 statt alle 10 Minuten fährt, wechseln Menschen, die sich sonst im Auto durch den zähen Sonntagnachmittagsverkehr quälen, zur BVG, kommen schneller an und gehen ihren Liebsten länger auf die Nerven. Bloß: Warum hält der Typ ein Glas Orangensaft? Frühstückt der noch? Und bekäme der Slogan nicht erst tiefere Bedeutung, wenn sich unser Orangensafttrinker mit der Frau aus der Duschgelwerbung über den Teppich wälzte? Ist noch ein ganz anderer Subtext denkbar?

Fall 4: Das leider weiträumig wild plakatierte Motiv hat es in sich. „Hier ruht, im Stillen, unser Volk. Verstorben am 08. Mai 1945“, behauptet das rechtsextreme Poster. Es zeigt einen mit US-Flagge bedeckten Sarg, aus dem ein Skelettarm ragt. Moment – heißt das nicht, „unser Volk“ ist längst mausetot? Dann ist dahingehend nichts mehr zu befürchten? Prima! Nazis, ihr seid nicht nur verboten, sondern auch verboten dämlich. CLP Abb: BVG