Neubau der Landesbibliothek: Ufos über Tempelhof

Für die geplante Landesbibliothek haben Architekten erste Entwürfe präsentiert. Von luftigen Ideen für Tempelhof bis harter Standortkritik ist alles dabei.

Zur Lektüre an den Feldrand: Entwurf für die Landesbibliothek. Bild: BDA Berlin

Klaus Wowereits Denkmal für Berlin - der geplante Neubau der Zentral- und Landesbibliothek (ZLB) - wirft seine baulichen Schatten voraus. Es sind interessante Schatten in Form von 44 Architekturentwürfen für die zukünftige "Universalbibliothek", die seit Montag in der Galerie des Bundes Deutscher Architekten Berlin (BDA) ausgestellt werden. Nach Ansicht des BDA soll damit "eine wichtige Architektur- und Städtebaudiskussion" über das "größte kommunale Bauvorhaben der nächsten Jahre" angestoßen werden. Der renommierte Verband hatte seine Mitglieder sowie geladene Kollegen aufgefordert, ihre Ideen für die ZLB zu Papier zu bringen.

Hintergrund ist, dass die kommende Koalition aus SPD und CDU in ihren Gesprächen verabredet hat, die zukünftige ZLB in der neuen Legislaturperiode realisieren zu wollen. Die bisherigen Niederlassungen in Mitte (Breite Straße) und in Kreuzberg (AGB) sollen aufgegeben werden. Der Regierende Bürgermeister hatte als Standort für das neue zentrale Gebäude das Tempelhofer Flugfeld vorgeschlagen. Während klar ist, dass für das Projekt 250 Millionen Euro investiert werden sollen, gibt es noch keine Entwürfe für das Haus der fünf Millionen Bücher.

Die Pläne des BDA Berlin sind die ersten, die sich konkret mit der Architektur und dem Standort beschäftigen. Und es sind mutige Aussagen darunter: So schlägt das Büro Bolles + Wilson vor, vier "Büchertürme" - jeweils einen am Anfang und Ende beider Startbahnen - auf dem Tempelhofer Flugfeld zu errichten. Ihr Viertürmekonzept erinnert an die Bibliothèque nationale François Mitterrand in Paris. Auch der Architekt Klaus Block stellt - analog zur Figur eines Flughafentowers - einen Turm auf das einstige Flugfeld.

Dialog mit NS-Architektur

Andere Pläne (Martin Bachem, Wasco Wruck) sehen dagegen einen grandiosen Umbau und die Erweiterung des Flughafengebäudes für die Bibliothek vor. Wruck etwa platziert zwei Bibliothekswürfel vor die frühere Eingangshalle.

Hinzu kommen Ideen wie die von Studio ideale oder Bernd Bess, den Rand des Airports mit baulichen Skulpturen zu fassen. Oder sie sehen die ZLB als ein futuristisches Raumschiff, das sich neben einer Landebahn niedergelassen hat (Eike Becker Architekten, Philipp Schürmann). Schließlich setzen sich einige Architekten und Teams noch einmal mit alternativen Standorten für die ZLB auseinander. Ihre Entwürfe am Bahnhof Zoologischer Garten, auf dem Messegelände oder an der Jannowitzbrücke - wie das dortige "Bücherschiff" von Andreas Reidemeister - bilden pointierte Statements gegen Wowereits Standortentscheidung.

Mit Absicht hat der BDA die Schau im Rahmen seines Ausstellungsprogramms "40/40" veranstaltet, das visionäre, skizzenhafte Pläne, Zeichnungen und Collagen, aber auch gut komponierte Entwürfe in der Größe einer Papierserviette - 40 mal 40 Zentimeter - präsentiert. Es gehe dabei "um ein Forum von Ideen, nicht jedoch um einen klassischen Ideenwettbewerb", erklärte Petra Vellinga vom BDA am Montag. Statt aufwändige Beiträge auszubreiten, ziele die BDA-Initiative auf "erste Entwurfsgedanken" und den Diskurs über das Thema.

Freilich haben die Architekten und BDA-Kuratoren mit der Ausstellung auch Handfestes im Sinn: Der Standort Tempelhof sei die richtige Wahl für eine neue ZLB, sagte der Architekt Manfred Ortner auf der Diskussionsveranstaltung zur Eröffnung der Schau. Tempelhof liege "mitten in Berlin und nicht am Rande".

Zudem plädierten Architekten dafür, dass sich ein Neubau mit dem bestehenden Bauwerk und dem weiten Raum "kritisch auseinanderzusetzen hat". NS-Architektur und ZLB müssten in einen Dialog treten. Auch eine mögliche Umnutzung des denkmalgeschützten Terminalgebäudes sollte noch einmal geprüft werden, mahnte Verena von Beckerath, Berliner Architektin, an. Eine hochfunktionale Bibliothek müsse nicht im Widerspruch zum Altbau stehen.

Schließlich fordert der BDA, dass ein offizieller Architektenwettbewerb für die neue Bibliothek, der vom Land Berlin ab 2012 ausgelobt werden könnte, "offen und transparent veranstaltet werden muss". Das Projekt ZLB müsse zu einem Projekt aller Berliner werden.

Ausstellung bis 25. November 2011 in der BDA Galerie, Mommsenstraße 64, 10629 Berlin Infos:
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