Czaja hält an Angebot fest: Babyklappen bleiben offen

CDU-Gesundheitssenator Czaja weist Kritik von CDU-Bundesministerin Schröder an Babyklappen zurück. Auch SPD und Grüne sind gegen eine Änderung.

So funktioniert's: Erläuterung in Piktogrammen an einer Babyklappe. Bild: dpa

Es ist in der Regel ein Kasten an einer Klinik mit einem gewärmten Bettchen und einem Alarm, der zeitversetzt anspringt. Mütter können dort anonym ihr Neugeborenes abgeben. Vier dieser Babyklappen gibt es in Berlin, 43-mal wurden sie von 2001 bis 2011 genutzt. Geht es nach Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU), könnte damit bald Schluss sein. Ihr Parteifreund, Gesundheitssenator Mario Czaja, wehrt sich jedoch gegen eine Abschaffung der Klappen: „Das wird in Berlin nicht geschehen.“

Schröder hatte jüngst eine Änderung der derzeitigen Praxis befürwortet. Ein Kind anonym abzugeben soll nicht mehr möglich sein, damit die Kinder später erfahren können, wer ihre Mutter ist. Schröder schwebt offenbar eine sogenannte vertrauliche Geburt mit Datenspeicherung der Mutter vor. So soll das Grundrecht auf Kenntnis der eigenen Abstammung erhalten werden.

Gesundheitssenator Czaja verteidigte die anonyme Geburt: „Berlin hat gute Erfahrungen mit der Einrichtung der Babyklappe gemacht.“ Er verwies dabei ausdrücklich auf seinen katholischen Glauben. Auch seine Ministerkollegin Anita Tack (Linkspartei) aus Brandenburg, wo es seit 2003 in Potsdam eine Babyklappe gibt, will nicht davon abrücken. „Das ist kein Allheilmittel, aber eine Notlösung“, sagt ihr Sprecher Achim Wersin.

Die bundesweit erste Babyklappe wurde im Jahr 2000 in Hamburg eingeführt. In den vier Berliner Babyklappen, die seit 2001 entstanden, wurden seither zwischen ein- und achtmal pro Jahr Babys abgelegt.

Nicht nur Czaja, auch die Grünen und der Koalitionspartner SPD befürworten die Abgabestellen. „Babyklappen als allerletztes Mittel sind dem Wohl des Kindes förderlicher, als wenn es stattdessen von verzweifelten Eltern getötet oder unversorgt liegen gelassen würde“, sagt der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Thomas Isenberg. Es mache natürlich Sinn, noch mehr als bisher Eltern Unterstützungsmöglichkeiten im Vorfeld aufzuzeigen. „Babyklappen abzuschaffen wäre aber falsch“, sagt Isenberg. Ministerin Schröder verfalle „in überzogenen Aktionismus, der so nicht weiterhilft.“ Die Grünen-Abgeordnete Anja Kofbinger geht davon aus, dass die CDU-Politikerin deswegen „in ihrer eigenen Partei große Probleme bekommen wird“.

Hintergrund für den Vorstoß der Familienministerin ist eine Studie des Deutschen Jugendinstituts, derzufolge der Verbleib von deutschlandweit 200 anonym geborenen oder in einer Babyklappe abgelegten Säuglingen unklar ist. In Berlin könne es nicht passieren, dass ein Krankenhaus einen Säugling einfach weitergibt, ohne es dem Jugendamt zu melden, sagt die Grüne Kofbinger, die sich nach eigenen Angaben seit Jahren mit dem Thema befasst .

Laut Anja Kofbinger kommen die Kinder für acht Wochen in eine Zwischenpflege, bevor das Jugendamt sie dann an eine Pflegefamilie vermittelt. Die Kinder würden auch erst etwa mit einem Jahr zur Adoption freigegeben. Damit sollen Mütter, die ihr Kind doch noch annehmen wollen, genug Zeit haben, sich zu melden.

Das passiert laut Kofbinger auch in mehr als jedem dritten Fall. „Es gibt keinen Beweis, dass die Babyklappe Leben rettet, aber es gibt auch keinen, dass sie es nicht tut“, sagt Anja Kofbinger. „Schon ein Kind, das ohne Babyklappe sterben würde, wäre eins zu viel.“

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