Zweifel an Beamten aus Angst vor einem Raub

PROZESS Mann schließt sich in sein Auto ein und ruft die Polizei. Die ist längst da: um ihn aufzuschreiben

So könne sich ja jeder anziehen, sagte der Angeklagte über die Polizeiuniform

So neu sind die Uniformen der Berliner Polizei nicht mehr: dunkelblaue Hosen, hellblaue Hemden, Mützen mit Emblem. „So kann sich ja jeder anziehen“, argumentierte Robert N. am Donnerstag vor dem Amtsgericht Tiergarten. Der 58-jährige Gerichtsbetreuer soll den Notruf missbraucht haben. Er hatte ihn gewählt, weil er an der Echtheit zweier Beamter zweifelte, sich von ihnen sogar bedroht fühlte.

Im vergangenen Juni entdeckten zwei Streifenpolizisten, jeder auf über dreißig Dienstjahre zurückblickend, ein Auto in der Eisenacher Straße in Schöneberg – vor einer Ausfahrt parkend, entgegen der Fahrtrichtung, mit zwei Rädern auf dem Gehsteig. Eine klare Ordnungswidrigkeit. Die Gesetzeshüter machten sich ans Werk. Als einer der beiden gerade die Anzeige schrieb, kam der Fahrzeugbesitzer. Er habe den Polizisten angesprochen und ein „Ich schreibe auf, was ich aufschreibe“ zur Antwort bekommen, sagte der Angeklagte vor Gericht. Er habe seine Papiere aus dem Auto holen wollen und sich wegen des Falschparkens gerechtfertigt, worauf ihn der andere Beamte angefahren habe: „Halten Sie den Mund!“ Dann habe er seinen Wagen fotografiert, um dessen Position zu dokumentieren. Als er sich danach auf den Fahrersitz gesetzt habe, hätte ihn einer der Beamten angeschnauzt: „Komm da raus, sonst schlag ich die Scheibe ein!“ So sei ihm der Gedanke gekommen: „Vielleicht sind das keine Polizisten? Wollen die mein Auto klauen?“ Ängstlich habe er die Türen verriegelt und den Notruf gewählt. Zwei Streifenwagen rückten an. Schnell wurde der Irrtum geklärt, weswegen Robert N. nun vor Gericht steht.

Die beiden Beamten sagten vor Gericht aus, den Falschparker lediglich aufgefordert zu haben sich auszuweisen. Angst hätten sie bei ihrem Gegenüber nicht wahrgenommen. „Wir sind doch der Freund und Helfer und nicht der Feind des Bürgers“, argumentierte einer. „So eine Respektlosigkeit!“, ereiferte sich der andere. „Wir sind doch nicht die Deppen der Nation! Wir sind ausgerüstet, wir haben Waffen, Funkgerät und tragen Uniform!“

Natürlich habe er dem in seinem Auto Verbarrikadierten unmittelbaren Zwang angedroht, auch das Einschlagen der Scheibe. Aber „man muss sehen, ob man es auch anders hinbekommt“. Anders hieß in diesem Fall, auf die Kollegen zu warten – nachdem der renitente Bürger seine Scheibe ein Stückchen heruntergelassen und gesagt hatte, er habe nun die „richtige Polizei“ gerufen. Ob der Angeklagte schuldig ist, entscheidet das Gericht nach der Aussage der damals alarmierten Kollegen. Denen hatte N. seinen Ausweis sofort gezeigt. UTA EISENHARDT