DIE EM AUS IRISCHER SICHT
: Grund genug zum Feiern

CIARÁN FAHEY

Für Irland ist die EM eine willkommene Ablenkung. Das Land wollte auf dem Spielfeld die wirtschaftliche Untergangsstimmung vergessen. Okay: Vielleicht war ein Erfolg auf dem Spielfeld zu viel verlangt von einem krassen Außenseiter, aber ins Stadion einzulaufen, ist Grund genug zu feiern. Thierry Henrys ausgestreckte Hand verwehrte Irland auf grausame Weise einen Platz bei der WM in Südafrika. Diesmal soll uns keiner den Spaß verderben.

Nach sieben Gegentoren in zwei Spielen fürchte ich das Schlimmste gegen Italien. Aber unser Trainer Giovanni Trapattoni ist Italiener, er wurde am St. Patricks Day geboren, Irlands nationalem Festtag. Man könnte sagen, „Il Trap“ wurde geboren, um Irlands Trainer zu sein. Obwohl unsere Träume auf den Gewinn des Turniers durch unsere Höflichkeit vor den gegnerischen Angreifern zunichte gemacht wurden, war ich noch nie so stolz darauf, Ire zu sein. Die Fans in Danzig zeigten nach der Niederlage gegen Spanien, dass gewinnen nicht alles ist, sondern die Teilnahme. Man kann keine Party genießen, ohne dabei zu sein. Und wir sind entschlossen, das Beste daraus zu machen.

Nie zuvor hat „The Fields of Athenry“ so viel bedeutet, wie es um das Stadion ertönte. Die Fans würdigten eine Truppe von durchschnittlichen Spielern, die es überhaupt nach Polen und in die Ukraine geschafft haben. Es ist ein altes traditionelles Volkslied über einen Mann während der Hungersnot, der kämpft, um seine hungernde Familie zu ernähren. Irland kann nicht verlieren – egal was passiert.

Wie bei jeder der seltenen Gelegenheiten, wenn Irland sich für ein großes Turnier qualifiziert, ist das Land gerade in heller Aufregung, gepackt vom Nationalstolz. Häuser werden in Grün-Weiß-Gold geschmückt, irische Flaggen hängen aus jedem Fenster, sogar die Autos werden geschmückt, um die „Boys in Green“ zu unterstützen.

In Berlin rotten sich meine Landsleute und ich in einem der vielen Irish Pubs zusammen – unserem zweiten Zuhause. Die sind bis unters Dach mit durstigen Fans vollgepackt. Ein Tourist, der zufällig hereinstolpert, dürfte überrascht sein, plötzlich mitten im lärmenden Chaos zu stecken. Alle in Grün, in den Händen Pints mit eisernen Griffen, jubelnd vor Freude oder heulend vor Verzweiflung. Egal ob win, lose oder draw: Es wird viel Alkohol konsumiert.

■ Ciarán Fahey ist freier Autor bei der Nachrichtenagentur AP. Er bloggt unter www.irishberliner.com