Koalition: Leichenstreit am Fernsehturm

Der CDU-Fraktionsvize findet das geplante „Körperwelten“-Museum geschmacklos. Senator Müller bezeichnet die Ausstellung hingegen als „großartig“

Im Fuß des Berliner Fernsehturms soll im Herbst ein Leichen-Museum einziehen, eine Dauerausstellung der "Körperwelten" des Plastinators Gunther von Hagen. Protest kommt unter anderem von der benachbarten Marien-Kirche. Bild: DPA

Der Konflikt um die geplante „Körperwelten“-Dauerausstellung des Leichenpräparators Gunther von Hagen im Erdgeschoss des Fernsehturms weitet sich aus. Während CDU-Vizefraktionschef Stefan Evers von einer geschmacklosen Ausstellung und einem „völlig würdelosen Umgang mit Verstorbenen“ spricht, hat Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) eine deutlich andere Haltung. „Ich weiß nicht, wie die Ausstellung dort präsentiert werden wird, aber ich habe die alte ’Körperwelten‘-Austellung im Postbahnhof gesehen, und die fand ich großartig“, sagte Müller der taz. Er äußerte sich damit erstmals öffentlich in der Diskussion um die Museumspläne.

Von Hagen beabsichtigt, ab Herbst im Fuß des Fernsehturms als Wahrzeichen Berlins auf rund 1.200 Quadratmetern dauerhaft Körper und Körperteile zu zeigen. Bislang ist er international mit Wanderaustellungen unterwegs, in Berlin zuletzt im Postbahnhof 2011. Von Senat und Bezirk ist zu hören, man habe keinen Einfluss auf die Vermietung als Museum, weil es sich um private Räume handele. Diese Pläne beschäftigten das Abgeordnetenhaus am Donnerstag als Teil einer von der Linksfraktion angeregten Debatte über die Zukunft des Alexanderplatzes und der Berliner Mitte generell.

Linken-Fraktionsvize Katrin Lompscher, die eine gänzlich neue Planung für das Gebiet forderte und am Alex derzeit „Verramschung“ und eine „Ballermann-Atmosphäre“ sieht, lehnte die Leichenschau im Fernsehturm klar ab. „Es geht nicht darum, dass wir dieses sogenannte Museum gut oder schlecht finden, es geht darum, dass wir es an diesem Ort falsch finden“, sagte Lompscher. Für die Linksfraktion wäre der Fernsehturm als zentraler Ort Berlins durch ein derartiges „kommerzielles Panoptikum“ entwertet.

Landesbischof protestiert

Während CDU-Politiker Evers, der ansonsten die Vorstellungen Lompschers für den Alexanderplatz zurückwies, in Sachen Museum der Linken zustimmte, hielten sich die anderen Fraktionen bedeckt. Senator Müller ging wie die Redner von SPD, Grüne und Piraten in der Debatte nicht auf die Leichenschau ein. Am Rande der Sitzung aber machte er auf Nachfrage der taz seine positive Haltung gegenüber der Ausstellung deutlich. Das wollte er aber nicht als Aussage darüber verstanden wissen, ob er das Erdgeschoss des Fernsehturms für den richtigen Standort hält.

Am vergangenen Wochenende sprach bereits der evangelische Landesbischof Markus Dröge von einem „würdelosen Umgang mit Toten, gerade an einem der zentralen Plätze Berlins“. Leichen als Touristenattraktion seien „eine schlechte Visitenkarte für die Stadt“. Protest kommt auch von der kaum 200 Meter vom geplanten Ausstellungsort entfernten evangelischen Marienkirche. Kritisch bezüglich des Fernsehturms als Standort des geplanten Leichenmuseums hatte sich zudem Berlins Chef-Vermarkter Burkhard Kieker, Geschäftsführer von Visit Berlin, geäußert.

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