Jetzt ist die Axt am Baum

Das Bezirksamt Reinickendorf lässt acht alte Bäume fällen. Baumschützerin ist empört. Sie ist nicht die Einzige. Auch die jüngsten Baumfällungen in Neukölln lösen Proteste aus

Bereits um 8 Uhr morgens hing Marianne Stamp an der Strippe. Sie telefonierte mit dem Straßen- und Gartenbauamt Reinickendorf. Doch ihr Einsatz kam zu spät. Denn zeitgleich heulten wenige Meter von ihrem Haus entfernt die Motorsägen. Mitarbeiter des Bezirks hatten begonnen, acht 100-jährige Bäume auf der Mittelinsel am Waidmannsluster Damm zu fällen. Stamp wollte das verhindern. Zur Mittagszeit waren die ersten Bäume gefallen.

Die Bäume stellen eine Verkehrsgefährdung für Fußgänger und Radfahrer dar, heißt es offiziell beim Grünflächenamt. Eine Ausschilderung zur Umgehung der Bäume hätte es auch getan, widerspricht hingegen Naturfreundin Stamp. Zumindest hätten nicht alle Bäume gefällt werden müssen. Ein zuständiger Sachbearbeiter beim Reinickendorfer Garten- und Straßenbauamt habe ihr am Telefon sogar bescheinigt, dass diese Idee interessant sei, berichtet Stamp. „Ich habe den Eindruck, dass es billiger ist, einen Baum zu fällen als eine Ampel zu installieren“, sagte Stamp frustriert. Der zuständige Fachbereichsleiter des Amtes, Frank Hinz, sagte auf taz-Anfrage bloß: „Wir fällen keine Bäume, ohne vorher ein Gutachten zu erstellen.“

Nicht nur in Reinickendorf gibt es derzeit Unmut wegen Baumfällungen. Zur Sanierung und dem Bau von neuen Radwegen hat vergangene Woche auch das Neuköllner Bezirksamt angeordnet, sieben Bäume in der Britzer Gutschmidtstraße zu fällen. In Neukölln, moniert Herbert Lohner vom Bund für Naturschutz (BUND), würden auf Baustellen auch nicht zu fällende Bäume unzureichend geschützt. „Reinickendorf und Neukölln gehen bei Baumfällungen sehr radikal vor“, bestätigt Anke Willharms, Leiterin des Projekts „Bäume für Berlin“. Es fehle einfach an qualifiziertem Personal, das für eine ausreichende Baumpflege sorgt, so Willharms.

JENNY MARRENBACH