Aus für Supermarkt: Nix mit Shoppen!

Im Berliner Stadteil Nikolassee haben es die Anwohner offenbar geschafft, einen Supermarkt zu verhindern. Binnen weniger Wochen sammelten sie 2.000 Unterschriften.

Am kommenden Mittwoch werden Corinna Schlag und ihre Mitstreiter mit einem Schluck Sekt anstoßen und sich auf die Schultern klopfen: Nach Monaten beharrlichen Protestes haben es die Bewohner in Nikolassee aller Voraussicht nach geschafft, den bereits beschlossenen Bau eines Supermarkts zu verhindern. Am Dienstagabend sprach sich der Stadtplanungsausschuss im Bezirk Steglitz-Zehlendorf gegen die Pläne aus. Er machte damit den Weg frei für die Rücknahme eines entsprechenden Beschlusses der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) in der Sitzung nächste Woche.

"Wir sind froh, dass die Politik letzten Endes Wort gehalten hat, nichts gegen den Willen der Bevölkerung zu unternehmen", sagte Schlag am Mittwoch der taz. Kurz vor den Sommerferien vergangenen Jahres hatten die Anwohner an der Potsdamer Chaussee erfahren, dass auf einem Waldstück schräg gegenüber dem Waldfriedhof ein Supermarkt gebaut werden solle. Schlag und ihre Nachbarn waren empört - und sie waren nicht die Einzigen: Innerhalb weniger Wochen sammelten sie 2.000 Unterschriften. Die Betroffenen argumentierten, es gebe in der Umgebung schon genug Einkaufsmöglichkeiten; die Ruhe im Wohngebiet würde durch den zusätzlichen Verkehr empfindlich gestört.

Auch Baustadtrat Uwe Stäglin (SPD) war dagegen, er möchte lieber bestehende Zentren stärken. Stäglin musste sich aber dem BVV-Beschluss - pro Supermarkt - beugen. Zähneknirschend, wie er sagte. Die BVV hatte argumentiert, es habe sich kein Investor für eine Wohnbebauung auf dem Grundstück gefunden.

Die Bürgerinitiative übergab den Bezirkspolitikern im Herbst die ersten Unterschriften und wies auf den erheblichen Widerstand hin. "Die Schärfe des Protests hat uns überrascht", sagt Torsten Hippe (CDU), der stellvertretende Vorsitzende des Stadtplanungsausschusses. Er sicherte Corinna Schlag zu, nichts gegen den Willen der Bürger zu unternehmen. Ausgerechnet die Grünen im Bezirk aber beharrten auf dem Projekt - obwohl ein kleiner Wald für den Markt hätte gefällt werden müssen. Schließlich müsse die grüne Fraktion "neben den Interessen der Anwohner natürlich auch die Interessen der Investoren berücksichtigen", schrieb Vizefraktionschef Ulf Hampel an die Initiative.

Ton und Auftreten der Grünen regen Schlag immer noch auf. "Wie schon anfangs in den zuständigen Gremien wurden wir hier behandelt wie Lieschen Müller, das von nichts eine Ahnung hat." Oft habe es geheißen, "lasst mal, wir Politiker wissen schon, was gut für euch ist". Die Bürgerinitiative spornte das erst recht an. Sie machte mit Flugblättern mobil, berief eine Versammlung ein, zu der sie Vertreter aller Parteien einlud - und die meisten kamen. "Dass wir so von oben herab behandelt wurden, hat uns zusammengeschweißt", sagt Schlag. Glücksfall sei außerdem gewesen, dass sich in der Gruppe mehrere Kompetenzen fanden: Die Rentner hatten mehr Zeit zum Flugblätterverteilen als die Journalistin Schlag; sie wusste dafür, wie man wirksam an Medien und Menschen im Bezirk herantritt. Andere hatten Erfahrung mit baurechtlichen Fragen und Anträgen. "Ich denke, es funktioniert nur, wenn man beharrlich und gleichzeitig öffentlichkeitswirksam auftritt", sagt die 46-Jährige.

Der Antrag zur Rücknahme des BVV-Beschlusses kam schließlich von der CDU, die SPD schwenkte ein. Einzig die zwei Grünen-Fraktionsmitglieder beharrten auf dem Projekt. Als Alternative dürfte nun ein Supermarkt am S-Bahnhof Nikolassee gebaut werden und das kleine Geschäftszentrum ergänzen.

KRISTINA PEZZEI

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