Der Sprit ist viel zu billig

Laut einer Studie sind in zahlreichen Berliner Kneipen alkoholhaltige Getränke preiswerter als Mineralwasser oder Säfte. Damit verstoßen die Gaststätten gegen das Gesetz. Senat startet Aktion gegen Komasaufen bei Jugendlichen

In mehr als einem Drittel der Berliner Gaststätten kosten alkoholische Getränke weniger als Wasser oder Apfelsaft. Damit verstoße ein großer Teil der Gastronomie gegen das Gaststättengesetz, kritisierte Gesundheitssenatorin Katrin Lompscher (Linke) am Mittwoch unter Berufung auf eine Studie der Fachstelle für Suchtprävention und anlässlich des Starts einer berlinweiten Anti-Alkohol-Kampagne. In einigen Bezirken werde sogar in mehr als zwei Dritteln der Fälle gegen die Vorschrift verstoßen.

Der Paragraf 6 des Gaststättengesetzes verpflichtet Gastwirte, mindestens ein alkoholfreies Getränk nicht teurer anzubieten als das billigste alkoholische Getränk. Die Kontrolle des sogenannten Apfelsaftgesetzes ist Aufgabe der bezirklichen Ordnungsämter.

Die Ergebnisse der Studie zeigen nun allerdings große Defizite bei der Umsetzung dieses seit 2001 geltenden Gesetzes. 36,4 Prozent der untersuchten Gaststätten halten die Regelung nicht ein. Besorgniserregend ist dabei auch, dass hochprozentige Spirituosen sehr häufig –in knapp 42 Prozent der Fälle – als billigstes alkoholisches Getränk verkauft werden.

Hinzu kommt, dass das Gesamtergebnis sogar noch schlechter ausfallen würde, wenn Milch als eher unattraktives alkoholfreies Getränk dabei nicht berücksichtigt würde. Dann lägen die Verstöße gegen das Gesetz bei fast 40 Prozent. In der Studie der Fachstelle für Suchtprävention heißt es dazu: „Die Tatsache, dass Mineralwasser in einigen Fällen deutlich teurer war als Milch, obwohl dies durch die Beschaffungskosten nicht zu rechtfertigen ist, legt die Vermutung nahe, dass zum Teil bewusst unattraktive Getränke günstig angeboten werden, da diese nicht wirklich bevorzugt gekauft werden sollen.“

Auf die Gefahren von Alkoholmissbrauch soll die am Mittwoch gestartete Präventionskampagne der Fachstelle für Suchtprävention hinweisen. Mit Plakaten und Flyern wollen die Initiatoren Kinder und Jugendliche zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol aufrufen. Aktionen in allen Bezirken sollen das Anliegen der Kampagne in den nächsten Monaten unterstützen.

„Alkohol ist ein gesellschaftliches Problem“, sagte Lompscher. Deutschlandweit gebe es jedes Jahr etwa 70.000 Todesfälle, die durch Alkoholmissbrauch verursacht werden. In Berlin sind es jährlich 2.500. „Erst wenn es uns gelingt, die positiven Assoziationen zu brechen, die es beim Thema Alkohol in der Gesellschaft gibt, können wir erreichen, dass sich das Alkoholkonsumverhalten der Kinder und Jugendlichen verändert.“

Durch das sogenannte Komasaufen kommen immer mehr Mädchen und Jungen mit Alkoholvergiftungen ins Krankenhaus. Voriges Jahr griff die Polizei in Berlin über 1.000 alkoholisierte Kinder und Jugendliche auf, deutlich mehr als 2007. DPA