„Gage konnte ich nicht zahlen “

Am Sonntag geht der Berliner Regisseur Jochen Alexander Freydank mit „Spielzeugland“ ins Rennen um den Oscar für den besten Kurzfilm

JOCHEN FREYDANK wurde fünfmal an Filmhochschulen abgelehnt. Das Filmemachen brachte er sich selbst bei.

taz: Herr Freydank, ihr Film „Spielzeugland“ erzählt in 14 Minuten die Geschichte einer Mutter, die ihrem Sohn während der Nazizeit die Deportation der jüdischen Nachbarn erklären soll. Sie erfindet ein Spielzeugland, in das die Nachbarn gereist seien. Ihr Sohn möchte nun unbedingt auch dorthin. Wie ist die Idee zum Film entstanden?

Jochen Freydank: Ich wollte einen Film über das Thema Nationalsozialismus machen. Während unserer Dreharbeiten im Rathaus Neukölln ist uns die Notwendigkeit dafür unerwartet deutlich vor Augen geführt worden: Im Haus hielten sich nämlich zeitgleich zwei NPD-Abgeordnete auf.

Sie haben an zwölf Orten in Berlin und Brandenburg gedreht. Wie viel Zeit haben Sie für den Film investiert?

Die Vorbereitung hat etwa zwei Jahre in Anspruch genommen, der Filmdreh selbst nur fünf Tage. Uns standen lediglich 30.000 Euro zur Verfügung, dennoch haben wir unter sehr professionellen Bedingungen gedreht. 200.000 Euro hätten wir benötigt, um ohne Zeitdruck arbeiten zu können. Gage konnte ich dem Filmteam dementsprechend leider auch nicht zahlen.

Wie haben Sie es da geschafft, überhaupt ein Filmteam zusammenzubekommen?

Zum Glück konnte ich auf viele Freundschaften zurückgreifen, und dann hat natürlich auch das Drehbuch überzeugt.

Einen guten Film zu drehen bedeutet nicht automatisch, von der Academy of Motion Picture Arts and Sciences für einen Oscar nominiert zu werden. Wie wählt die Academy ihre Filme aus?

Die Academy beobachtet rund 40 Filmfestivals. Dort muss ein Film einen ersten Preis gewonnen haben, um in die engere Auswahlrunde zu kommen. Unser Film war in der Vergangenheit recht erfolgreich, er gewann 18 Preise auf nationalen wie internationalen Filmfestivals.

Wie haben Sie von der Nominierung erfahren?

Der Termin der Nominierung steht fest; die dazugehörige Veranstaltung wird aus Los Angeles übertragen. Ich war an dem Tag natürlich sehr aufgeregt. Erfahren habe ich es dann online auf der Oscar-Webseite. Die E-Mail kam erst einen Tag später.

Sie sind bereits in Los Angeles. Wie gestalten Sie die Tage vor der Verleihung? Kommen Sie ins Gespräch mit den Konkurrenten?

Tatsächlich sind die Nominierten schon vor Ort und man kennt sich ja auch inzwischen. Ich beschäftige mich aber hauptsächlich mit der Presse und habe auch ein paar Treffen mit Agenturen. Außerdem läuft ab dieser Woche der Film ganz regulär in den US-amerikanischen Kinos.

Der erste Drehtag Ihres Films war der 22. Januar 07. Die deutsche Erstaufführung folgte am 22. Januar 08. Die Academy gab die Nominierung am 22. Januar 09 bekannt. Wird man da ein bisschen abergläubisch?

So habe ich das noch nicht betrachtet. Aber ja, man könnte ein bisschen abergläubisch werden.

Haben sie für den Fall der Fälle eine Rede vorbereitet?

Da ich bereits auf anderen Festivals Reden halten musste, bin ich zum Glück etwas geübt. Aber Gedanken muss ich mir schon noch machen.

Allein die Nominierung ist ein großer Erfolg. Danach beginnt wieder der Alltag. Gibt es konkrete Projekte?

Es gibt Ideen. Aber in der Vergangenheit ist es oft so gelaufen, dass geplante Projekte letztendlich doch nicht realisiert werden konnten. Daher möchte ich hier nicht allzu viel verraten. INTER- VIEW: ALEXANDER JOSSIFIDIS