Berliner SPD fordert Schulreform: SPD will Reform reformieren

Die SPD stößt eine neue Debatte über den Zugang zu Gymnasien an: Strengere Auswahl und Abwertung des Losverfahrens. Schulsenator Zöllner (SPD) nimmts gelassen.

Zugang zum Gymnasium soll schwerer werden Bild: ap

Diese Töne klangen selbst für den gerne mal lauten Landeselternausschuss (LEA) ungewöhnlich schrill: "Bayrische Verhältnisse" wolle die SPD in Berlin einführen, klagte LEA-Vorsitzender André Schindler - und das ausgerechnet, indem sie sich der Schulpolitik der Linken unterwerfe. Sie plane nämlich die Aushebelung des Elternwillens bei der Oberschulwahl für ihre Kinder und zudem - eigentlich wenig bayerisch - noch die Abschaffung der Gymnasien.

Grund für den Aufruhr sind Äußerungen der bildungspolitischen Sprecherin der SPD, Felicitas Tesch, zu den Zugangsbedingungen für Gymnasien, die sich mit der Schulreform ändern sollen. Bisher ist geplant, ungeeignete SchülerInnen in einem Probejahr auszusortieren. Die Linke hatte diese Idee der SPD nur zähneknirschend akzeptiert - sie wollte möglichst freien Zugang für jedes Kind, das auf das Gymnasium will. Nun hat auch Tesch Zweifel am Sinn eines Probejahres geäußert. Anstoß für ihr Umdenken sei die Anhörung von Experten im Bildungsausschuss vergangene Woche gewesen, sagte sie der taz. Alle hätten sich gegen das Probejahr ausgesprochen: "Das nehme ich ernst", so Tesch. Es müsse dann aber über andere Wege der Zugangsbeschränkung nachgedacht werden: etwa über einen mehrtägigen Probeunterricht, mit dem in Brandenburg bereits gute Erfahrungen gemacht würden.

Ihr Kollege Steffen Zillich von der Linkspartei ist über Teschs Umdenken erst mal nicht traurig: "Wir haben das Probejahr nie für eine gute Idee gehalten", sagt er. Alternativen seien aber nur akzeptabel, wenn sie eine Verbesserung darstellten, so Zillich.

Die von Tesch präferierte Brandenburger Lösung besteht in einem zweitägigen gymnasialen Probeunterricht in Deutsch und Mathe für Kinder, die von der Grundschule keine Empfehlung für das Gymnasium erhalten haben. Wer den Probeunterricht nicht besteht, darf nicht aufs Gymnasium. Dem bisher in Berlin bei der Oberschulwahl entscheidenden Elternwillen räumt dieses Modell weniger Gewicht ein. Das umstrittene Losverfahren, mit dem künftig Plätze an besonders beliebten Oberschulen vergeben werden sollen, käme dann nur noch für die Platzverteilung unter zum Gymnasium zugelassenen Schülern zum Zug. Eine Chance für im Probeunterricht abgelehnte BewerberInnen böte es nicht.

Dies könnte tatsächlich zu der vom LEA befürchteten Reduzierung von Gymnasialplätzen und damit von Gymnasien führen - und erforderte im Gegenzug ein entsprechend größeres Angebot von Plätzen an den Sekundarschulen, die künftig neben den Gymnasien einzige Oberschulform seien sollen.

Dass Schulsenator Jürgen Zöllner (SPD) dem Vorstoß seiner Parteikollegin gelassen begegnet, wundert wenig: Ihm gehe es um eine "breite Zustimmung zur Schulstrukturreform auch über Koalitionsgrenzen hinaus", lautet seine Reaktion auf die neu entflammte Debatte. Mit den Vorschlägen, die sowohl den etwa von den Grünen geforderten Verzicht auf das Probejahr integrieren wie auch das bei Eltern und LehrerInnen umstrittene Losverfahren entmachten, könnte ihm das gelingen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.