Streik der Gebäudereiniger: Verteidigungsfall Mindestlohn

Der bundesweite Streik der Gebäudereiniger geht in die zweite Woche. In Berlin protestieren sie vor dem Verteidigungsministerium gegen einen Dumpinglohnversuch der Bundeswehrverwaltung.

Die Gebäudereiniger wollen, dass putzen besser bezahlt wird. Bild: ap, Matthias Rietschel

Mit Schrubbern bewaffnet und in rot-weiße Streikoveralls gehüllt, haben sich am Montag rund 80 Gebäudereiniger vor dem Amtssitz des Noch-Verteidigungsministers Franz Josef Jung (CDU) eingefunden. Das "1. Staubjägerbataillon" der IG BAU zieht gegen einen Dumpinglohnversuch ins Feld: In einem Schreiben vom 12. Oktober hatte das Bundeswehr-Dienstleistungszentrum Potsdam Firmen angewiesen, für die Reinigung einer Kaserne in Beelitz neue Angebote vorzulegen. Begründung: Mit der Tarifvertragskündigung zwischen IG BAU und Arbeitgeberseite bestehe seit dem 1. Oktober kein tarifvertraglicher Mindestlohn mehr. "Das Verteidigungsministerium hat den Mindestlohn zum Abschuss freigegeben", ruft Dietmar Schäfers, Streikleiter der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) in die Menge - und erntet Applaus.

Für die Gebäudereiniger, in der zweiten Woche im bundesweiten Tarifstreik, ist die Aufforderung des Bundeswehr-Dienstleistungszentrums ein Skandal - und ein Rechtsbruch. Den amtierenden Verteidigungs- und künftigen Arbeitsminister wies die IG BAU am 20. Oktober darauf hin, dass laut Tarifvertragsgesetz die Nachwirkung bestehe: Die Rechtsnormen des abgelaufenen Tarifvertrags gelten so lange weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

Jung reagierte prompt: In einem Brief an die IG BAU erklärte er am 23. Oktober, die Rechtsnorm des Tarifvertragsgesetz sei "leider zu spät" gesehen worden. Das Bundeswehr-Dienstleistungszentrum habe die Bieter am 21. Oktober auf die Nachwirkung hingewiesen und auch darauf, dass die zu vereinbarenden Vergütungssätze die "fortgeltenden Tariflöhne" - sie liegen bei 6,58 und 8,15 Euro (Ost/West) - "nicht unterschreiten dürfen".

Jungs Brief feiern die Streikenden als kleinen Sieg. Dass man die Nachwirkung einfach vergessen haben will, ruft aber ungläubiges Gelächter hervor. "Ihr Gebäudereiniger seid die Ersten bei der Nagelprobe, wie sozial die neue Regierung ist", ruft Michael Sommer, Chef des DGB. Die Angesprochenen geloben kurz darauf mit geschulterten Schrubbern feierlich, "keine Ruhe zu geben, bis der Arbeitskampf erfolgreich beendet ist".

Erste Hinweise auf den weiteren Streikverlauf gibt es am Mittwoch, wenn sich der Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks und die IG BAU zu unverbindlichen Sondierungsgesprächen treffen. Bis dahin will die Gewerkschaft die Streiks ausweiten.

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