Ausstellung für Kinder: Berlin für kleine Schnüffler

In der neuen Ausstellung im Märkischen Museum können Kinder die Sozialgeschichte der Stadt entdecken

Die D-Mark: Historisch aber noch bekannt Bild: AP

An der Taststation stehen ausgerechnet die Rentner in der ersten Reihe. Neugierig schieben sie ihre Hände durch die Plastikabdeckungen und versuchen zu erfühlen, ob in den dunklen Kästen ein Kreisel oder doch eher eine Puppe liegt. Auch die Riechstation wird von einer älteren Dame mit bestens onduliertem Haar besetzt. Sie zieht sorgsam die Korken von den einzelnen Flaschen und versucht zu erschnuppern, ob diese eher nach frisch gemähter Wiese oder nach Pommesbude riechen. Für Neugierde wird man eben nie zu alt.

Dabei richtet sich die neue Dauerausstellung "Frag Deine Stadt", die am Sonntag im Märkischen Museum eröffnet wurde, eigentlich an Kinder zwischen acht und zwölf Jahren. Mit Hilfe historischer Exponate sollen sie in sechs Themenräumen lernen, wer eigentlich Berlin bevölkerte, bevor Menschen hier siedelten, wie es früher in der Schule zuging und was eigentlich in der Spree herumschwimmt. "Ein Grundschüler stellt jeden Tag durchschnittlich 400 Fragen", sagt Sebastian Ruff, Kurator der Schau. "Die Stadt Berlin mit ihrer Sozialgeschichte und Umwelt kann Eltern und Lehrern ein paar Antworten abnehmen."

Benjamin fragt sich gerade nur eines - wie eigentlich diese Taschenlampe angeht. Die ausgestopften Wölfe und Bären, die die Urbevölkerung Berlins darstellen, hat der Achtjährige aus Lübars schon gesehen. Nun möchte er die Höhlen im Sockel der Installation ausleuchten. Dort kann man die Tiere entdecken, die unter der Erdoberfläche hausen. Doch die Technik hakt. Schließlich hilft ihm seine Mutter. "Mir gefällt gut, dass man so viel anfassen kann", meint Benjamin. Dann vertieft er sich wieder in die Bedienung der Lampe.

Auch die achtjährige Emilia aus Reinickendorf findet die Ausstellung "ganz gut". Gerade steht sie in dem Raum mit den Stadtmodellen und versucht, sich im Berlin des 18. Jahrhunderts zurechtzufinden. "Man kann hier viel lernen", findet sie. "Zum Beispiel, dass die Stadt in echt viel größer ist." Ihr Vater Oliver Krinke meint hingegen, die zahlreichen verschiedenen Themen, die die Ausstellung bediene, seien fast ein wenig zu viel für einen Museumsbesuch. "Hier geht es um Stadtentwicklung, im nächsten Raum um mittelalterliche Foltermethoden, dann um das Ökosystem Spree - da muss man schon selbst einen Fokus setzen." Er sei Lehrer, und wenn er mit einer Klasse herkäme, würde er sich lieber nur einen Aspekt herauspicken, um die Schüler nicht zu verwirren.

Dass die Ausstellung tatsächlich ein wenig zusammengewürfelt daherkommt, liegt an ihrer Entstehungsgeschichte. Im Sommer dieses Jahres musste das Märkische Museum mit der Sammlung Kindheit und Jugend sowie der Naturwissenschaftlichen Sammlung zwei Standorte schließen. Deren Exponate bilden nun - ergänzt um kindgerechte Mach-mit-Angebote - "Frag Deine Stadt". Aber während sich die Erwachsenen wundern, wie historische Münzen mit dem Berliner Wappen und die Erklärung des Vegetarismus zusammenpassen, erfreuen sich die Kinder an der Vielseitigkeit der Ausstellung.

"Es wird nicht langweilig", meint die 13-jährige Marie, die gemeinsam mit ihrem Bruder Simon ein Modell der Spree und ihrer Bewohner betrachtet. "Die vielen Modelle gefallen mir gut, weil man sich dann vorstellen kann, wie es wirklich aussieht", sagt sie. Die leere Flasche am Grund des Flusses, die Fische und Schwebteile - "wenn man in echt auf den Fluss schaut, sieht es einfach nur braun aus". Auf die Enten hätte man aber ruhig verzichten können. "Dass die auf der Spree leben, weiß doch jeder.

"Guck mal, Marie, in der Spree gab es früher Würmer", ruft ihre Mutter von der Vitrine am anderen Raumende herüber. Dort sind eingelegte Bach- und Meerneunaugen zu sehen - aalähnliche Wirbeltiere, die bis vor 100 Jahren die Berliner Flüsse bewohnten. "Das wusste ich schon vorher", sagt Marie. Es sind eben nicht nur die Kinder, die bei "Frag Deine Stadt" dazulernen.

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