Eisbären setzen ein Zeichen

EISHOCKEY Da kriegt selbst der Coach der Besiegten Respekt: Mit 5:1 spielen die Berliner Eisbären die Kölner Haie an die Wand. Bei der letzten Begegnung der beiden Teams hatte das noch ganz anders ausgesehen

Uwe Krupp blieb nichts übrig, als den beeindruckenden Auftritt der Eisbären zu würdigen. Der Trainer der Kölner Haie stellte klar, dass nicht die eigene Schwäche, sondern die Stärke des Gastgebers im ersten Spiel des Playoff-Viertelfinales den Ausschlag für den deutlichen 5:1-Erfolg (1:0, 2:1, 2:0) gegeben habe. Übertreiben wollte er es mit der Anerkennung für den Gegner dann aber doch nicht. Als ihm noch mehr Worte zur Leistung der Berliner abverlangt wurden, sagte er: „Ich weiß nicht, ob ich zu diesem Zeitpunkt Lobeshymnen auf die Eisbären singen möchte.“

Eine verständliche Reaktion. Die Auftaktniederlage in der Mehrzweckhalle am Ostbahnhof war für Krupps Spieler entmutigend genug, und schon am Donnerstagabend kommt es in Köln zum zweiten Aufeinandertreffen. „Wir haben fast perfektes Eishockey gespielt“, konstatierte André Rankel, der zweifache Torschütze der Eisbären – und im Anschluss fehlte es am Dienstagabend allen an Vorstellungskraft, wie die völlig entwaffnet wirkenden Kölner diesen Gegner die erforderlichen vier Mal besiegen wollen, um ins Halbfinale einzuziehen. „Das werden wir sehen“, so Krupps erste, unbefriedigende Antwort. Der zweite Versuch war kaum konkreter: „Wir müssen einen Weg finden, uns vom Druck der Berliner zu lösen.“

Rekordverdächtige 15 Minuten brauchten die Gäste am Dienstagabend, um den beschäftigungslosen Eisbären-Torwart Rob Zepp mit einem wenn auch harmlosen Schuss erstmals ins Spiel einzubinden. „Das Defensivspiel war der Schlüssel für den Sieg“, lobte Berlins Trainer Don Jackson das konsequente frühe Angreifen seines Teams. Die Schussbilanz nach dem ersten Drittel (29:2) hatte demütigende Ausmaße.

Anderen Gang eingelegt

Mit der letzten Begegnung der beiden Teams vor neun Tagen am selben Ort, als sich die Eisbären zum Abschluss der Hauptrunde erst nach Penaltyschießen durchsetzen konnten, hatte diese Partie nichts gemein. „Wir haben viel gesehen von den Eisbären, was wir bisher nicht gesehen haben“, stellte Krupp fest. Die Berliner hätten „einen anderen Gang“ eingelegt. Die Eisbären, die in den letzten sieben Jahren fünfmal den deutschen Meistertitel gewannen, scheinen wieder zur richtigen Zeit zur Höchstform aufzulaufen.

Dabei hatten die Berliner in den letzten Wochen einen durchaus verwundbaren Eindruck hinterlassen. Trotz des Spitzenplatzes nach der Hauptrunde hatten die Eisbären selten konstant gespielt. Durch den Ausfall von bis zu neun Stammkräften fanden die Berliner nie zu ihrem Rhythmus. Nur den begabten Nachwuchsspielern war es zu verdanken, dass sich das Verletzungspech nicht negativer bemerkbar machte. Auch weil abzusehen war, dass die Eisbären in den Playoffs weiterhin auf Profis wie Kapitän Stefan Ustorf und Denis Pederson verzichten müssen, sprachen vor den Playoffs viele vom spannendsten Meisterschaftskampf der letzten Jahre.

Der 5:1-Erfolg vom Dienstag scheint die vermeintlichen Erkenntnisse der letzten 52 Begegnungen urplötzlich auf den Kopf zu stellen. „Wir haben ein Zeichen gesetzt. Das war wichtig“, erklärte André Rankel. Der Gefahr der Selbstüberschätzung sieht er gelassen entgegen: „Wir sind erfahren genug, um zu wissen, dass mit einem Sieg noch nichts gewonnen ist.“

JOHANNES KOPP