Doppelhaushalt 2008/2009: Opposition moniert schlechte Buchführung

Grüne, FDP und CDU halten den Nachtragshaushalt 2007 für verfassungswidrig, da Einnahmen aus dem Verkauf der Landesbank noch nicht verbucht wurden.

Die Opposition im Abgeordnetenhaus hält den Nachtragshaushalt 2007 für verfassungswidrig. Er verstoße gegen das Haushaltsrecht, sagte der Finanzexperte der Grünen, Jochen Esser. Dabei stützt er sich auf ein Gutachten des Wissenschaftlichen Parlamentsdienstes (WPD), das von der Opposition Ende September in Auftrag gegeben worden war.

Die Opposition kritisiert, dass die 5,32 Milliarden Euro, die durch den Verkauf der Landesbank Berlin (LBB) eingenommen wurden, nicht im Nachtragshaushalt als Summe aufgeführt werden. Das verfehle den Grundsatz der Haushaltsklarheit des Finanzverfassungsrechts, so Esser.

Noch schwerer wiegt der Vorwurf, der Senat wolle einen Anteil aus dem Bankverkauf in Höhe von 723 Millionen Euro erst im Haushalt 2008 buchen, obwohl die Summe bereits im August auf ein landeseigenes Konto überwiesen wurde. Diese stille Einlage bei der LBB sei ursprünglich dazu gedacht, nach dem Bankverkauf Geldansprüche an das Land abzudecken, sollten diese denn auftauchen, so Esser. Indem der Senat die stille Einlage am Haushalt 2007 vorbeischleuse, könne er im nächsten Jahr einen ausgeglichenen Etat vorlegen. Nur durch den "rechtswidrigen Buchungstrick" komme so der geplante Haushaltsüberschuss 2008 zustande. Das verletze den Grundsatz der Vollständigkeit, sagte Esser.

Der haushaltspolitische Sprecher der FDP, Christoph Meyer, kritisierte, einmalige Vermögensverkäufe würden die Schulden nicht nachhaltig senken. "Die Konsolidierungsbemühungen sind nur Makulatur, es gibt keine gerade Linie", sagte Meyer der taz.

Grünen-Politiker Esser kann allerdings nicht ausschließen, dass der Senat mehr Geld bekommen wird als geplant und mit diesen "verdeckten Mehreinnahmen" einen ausgeglichenen Haushalt 2008 erreichen kann, auch ohne auf die 723 Millionen Euro aus dem Bankverkauf zurückgreifen zu müssen. Ein Gang vor das Landesverfassungsgericht könne so zwar die Verfassungswidrigkeit des Nachtragshaushalts bestätigen, letztlich aber folgenlos für den Haushalt bleiben. "Ich will kein Recht bekommen, nur um recht zu haben, sondern politisch etwas erreichen", sagte Esser.

Grüne, FDP und CDU haben sich noch nicht entschieden, ob sie rechtlich gegen den Nachtragshaushalt 2007 vorgehen werden. Meyer sagte, man werde sich mit der Grünen- und CDU-Fraktion in den nächsten Wochen beraten und wohl in der Winterpause entscheiden.

Bereits im Jahr 2003 hatte die Opposition vor dem Landesverfassungsgericht gegen den Haushalt 2002/2003 geklagt - und war erfolgreich. Damals plante der Senat, mehr Schulden aufzunehmen, als für Investitionen auszugeben. Da die Verfassung des Landes Berlin das nicht erlaubt, wurde eine Haushaltssperre verhängt.

BENJAMIN VON BRACKEL

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