Senatorin Junge-Reyer und der Ökobeschluss: Sozis stehen unter Ökostrom

Sie ist die Königin der Ausschreibungen - und sie ist auf dem Ökoauge blind: Senatorin Junge-Reyer weigert sich, den Ökobeschluss des Parlaments umzusetzen. Selbst Finanzsenator Sarrazin ist grüner.

Soll nun Ökostrom rauskommen oder nicht? Bild: AP

Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) besteht darauf: Bei europaweiten Ausschreibungen gibt es keinen Ökobonus. Ob beim Einkauf von Produkten oder bei der Sanierung oder dem Neubau von Gebäuden: Allein der Preis soll darüber entscheiden, wer den Auftrag erhält.

Zwar hatte das Abgeordnetenhaus etwas anderes beschlossen. "Momentan", so Junge-Reyers Sprecher Mario Rosteck zur taz, "können die vom Abgeordnetenhaus beschlossenen ökologischen Kriterien nicht umgesetzt werden." Der Grund: Sie hätten "noch keine Gesetzeskraft" und es gebe auch noch keine Ausführungsvorschriften.

Das Abgeordnetenhaus hatte schon im vergangenen Jahr beschlossen, dass ab Juni 2008 bei Ausschreibungen nicht allein der Preis darüber entscheiden soll, wer den Auftrag bekommt. Auch die Auswirkungen auf die Umwelt sollen in die Entscheidung einfließen - und zwar mit einer Gewichtung von 33,3 Prozent. Dadurch haben auch Angebote eine Chance, die etwas teurer sind, dafür aber auch stärker die Umwelt schonen.

Doch der Beschluss wurde bisher ignoriert. Die taz hat alle 109 Ausschreibungen ausgewertet, die die Senatsverwaltungen zwischen Juni und Dezember 2008 gestartet haben. Nur bei fünf waren auch ökologische Zuschlagskriterien genannt - dann aber nur mit einer Gewichtung von 5 bis 20 Prozent.

Die weitaus meisten Ausschreibungen des Senates stammen von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung - 102 von 109. Geht es um die Sanierung der Staatsoper, einen Gefängnisneubau, eine Lüftungsanlage für die Volksbühne oder die Anmietung von Kopiergeräten - stets ist das Ressort von Ingeborg Junge-Reyer zuständig. Keine guten Aussichten für die Umwelt. Der Beschluss des Abgeordnetenhauses, dem nicht nur die Koalition aus SPD und Linken, sondern auch CDU und Grüne zugestimmt hatten, sei keineswegs bindend, erklärt Junge-Reyers Sprecher Rosteck. Der Beschluss bedeute lediglich, "dass der Wille da ist und die Idee, aber man weiß noch nicht, wie man es praktisch umsetzt".

Für die Umsetzung sei eine Änderung des Vergabegesetzes notwendig. Daran arbeitet gerade Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke). Doch die Änderung des Gesetzes musste im April vergangenen Jahres teilweise ausgesetzt werden. "Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs hat einige Regelungen unseres Gesetzes für europarechtswidrig erklärt", erläutert Wolfs Sprecherin Brigitte Schmidt. Anschließend habe man das Gesetz "gründlich überarbeiten müssen". Im März soll der Entwurf ins Abgeordnetenhaus.

Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) dagegen setzt den Beschluss des Abgeordnetenhauses bereits bei der in Kürze anstehenden Ausschreibung für den Strom für die Landesbehörden um. Nach erheblichem Druck aus der Koalition erklärte er sich bereit, auch den CO2-Ausstoß als Zuschlagskriterium zu berücksichtigen. Ausgerechnet der als Sparfuchs bekannte Finanzsenator wird damit der erste Senator sein, der die Ökovorgaben des Abgeordnetenhauses einhält.

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