Das ganz normale Chaos der Bahn

S-BAHN Auch am zweiten Tag der Sonderreparaturen kommt es zu Verspätungen. Die Fahrgäste sind genervt. Das aber ist für viele offenbar Alltag. Denn irgendwas klappe immer nicht

Die Studentin ist genervt. „Ich stand grad vor dem Bahnhof Gesundbrunnen 20 Minuten in einer überfüllten und stickigen S-Bahn“, stöhnt die junge Frau im Bahnhof Bornholmer Straße. Sie fühle sich jetzt ganz schön schwitzig. Dabei sei das nicht mal das Schlimmste. „Eine Frau in der Bahn ist ohnmächtig geworden“, erzählt die Studentin und läuft auf dem Bahnsteig hin und her – wie ein eingesperrter Tiger. Denn ein Zug kommt erst mal nicht.

Vor allem die Nord-Süd-Strecke der S-Bahn ist am Mittwoch durch die Zugausfälle betroffen. Die Bahnen fahren nur im 20-Minuten-Takt und – wie auf anderen Linien auch – mit weniger Wagen als üblich. Zwischen den S-Bahnhöfen Schönhauser Allee und Gesundbrunnen fehlt neben sicheren Zügen auch noch eine funktionierende Weiche. Per Lautsprecherdurchsage werden Fahrgäste aufgefordert, auf die U-Bahn auszuweichen. Nach neun Stationen und einmal Umsteigen komme man so von der Schönhauser Allee zum Gesundbrunnen. Das könne ja nur ein „Schildbürgerstreich der Bahn“ sein, meint ein junger Schönling – und versucht, stattdessen mit der S-Bahn über Bornholmer Straße voranzukommen. Dort gerät er zwar in das Reparaturdesaster auf der Nord-Süd-Strecke, doch der S-Bahn glaubt hier niemand mehr etwas – nicht mal ihre Umleitungsempfehlungen.

„Ich habe mich extra im Vorfeld informiert“, beklagt sich eine junge Zahntechnikerin, „trotzdem kann ich mich hier auf nix verlassen.“ Auch eine Hospizmitarbeiterin meint: „Ständig zu warten kostet mich nur Zeit, und am Ende sind die Fahrgäste immer die Dummen.“ Sie ist eine von denen, die auf die Bahn angewiesen sind und Unpünktlichkeit nur hinnehmen können.

Am Morgen hatten einige Fahrgäste gar Mühe, in die Bahn zu gelangen, erst zur Mittagszeit legt sich das größte Chaos. Jetzt ärgern sich viele Fahrgäste mehr über die Normalität dieser Störungen als über die Geschehnisse der letzten Tage.

„Die Bahnen sind viel zu voll, das kotzt mich an!“ sagt ein Schüler. Ein Geschäftsmann moniert: „Eigentlich ist heute alles wie immer, und trotzdem ärgert es mich. Ich bezahle viel zu viel Geld für den gebotenen Service.“ Ein Student träumt von einem kostenlosen öffentlichen Nahverkehr, zumindest sein Gemüt würde das beruhigen.

Schließlich kommt doch eine Bahn. Mitfahren aber darf niemand. Im Gegenteil: Alle, die drin sind, müssen raus. Der Zug müsse jetzt zur Kontrolle in die Werkstatt, heißt es. TILLA MASBERG