OFF-KINO
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

Die Naturdokumentation hat es im Kino nicht leicht. Geradezu erdrückend erscheint die Konkurrenz des Fernsehens, wo dem Zuschauer fast jedes Lebewesen der Erde bereits aus allen erdenklichen Blickwinkeln präsentiert wurde. Was also kann das Kino Neues bieten? Es ist wohl vor allem der eher impressionistische Blick auf die Lebensräume und seine Bewohner, die Befreiung vom Zwang, jedes Bild kommentieren zu müssen. So gibt sich die Dokumentation „Der weiße Planet“ der renommierten Tierfilmer Thierry Ragobert und Thierry Piantanida ausgesprochen entspannt: Die Bilder von gerade geborenen Eisbärenbabys, den bizarren Narwalen oder einer einen Fjord durchschwimmenden Karibuherde sind schön und spektakulär, verzichten jedoch auf die in diesem Genre häufig zu findende Überwältigung des Publikums durch massive Action. Am Ende darf – während sich ein Bär durch das schmelzende Eis kämpft – natürlich auch die Warnung vor der Zerstörung dieses Lebensraumes nicht fehlen. Zu sehen ist der Film in der Reihe „Wir haben nur eine Welt“, die das Bali-Kino in Zusammenarbeit mit Greenpeace veranstaltet. (23.-24.1. Bali)

Im Rahmen derselben Veranstaltung läuft auch die Dokumentation „The Cove – Die Bucht“, in deren Mittelpunkt ein Mann mit einer spannenden Geschichte steht: Der Tiertrainer Richard O’Barry hatte in den Sechzigern jene insgesamt fünf Delfine eingefangen und dressiert, die in der Fernsehserie „Flipper“ die Hauptfigur verkörperten. Doch heute fühlt sich O’Barry für die kommerzielle Ausbeutung der Tiere mitverantwortlich und ist längst zum Tierschützer geworden. Delfinarien hält er für Todestrakte, Delfin-Therapien für ausgemachten Schwindel. In einem besonderen Clinch aber liegt O’Barry mit den Fischern und den offiziellen Stellen der japanischen Stadt Taiji, wo jedes Jahr in einer abgelegenen Bucht ein von Kameras bislang unbeobachtetes Massaker an Delfinen stattfindet. Regisseur Louie Psihoyos und seiner Crew gelang es erstmals, Bilder davon einzufangen – mit viel Katz-und-Maus-Spielen, Nachtsichtgeräten und versteckten Kameras. (25. + 26. 1. Bali)

Keine Dokumentation, aber ebenfalls eine interessante Geschichte bietet „Cadillac Records“: Darnell Martins Film erzählt vom Blues-Plattenlabel Chess aus Chicago und dessen Gründer, dem Exschrotthändler Leonard Chess (Adrien Brody), der mit dem Gespür für die richtige Musik zur richtigen Zeit auf die Erfolgsspur kam. Zwar bietet der schlaglichtartige Blick auf die positiven und negativen Höhepunkte im Leben der beteiligten Künstler letztlich vor allem Anekdotisches, doch die Darsteller von Bluesgrößen wie Muddy Waters und Howlin’ Wolf können durchaus überzeugen, und auch die Neuinterpretationen der klassischen Blues- und Rock-’n’-Roll-Hits gehen ohne Peinlichkeit über die Bühne. Und hier findet sich letztlich auch das Anliegen des Films: den heutigen jugendlichen R & B- und Hiphop-Fans die – weit entfernt liegenden – Wurzeln „ihrer“ Musik zu vermitteln. (25. 1. Astor Film Lounge) LARS PENNING